Starnberger Stadtrat:John-Allianz verliert zwei Mandate

Angelika Kammerl und Sieglinde Loesti verlassen aufgrund unüberbrückbarer Differenzen zu verschiedenen Themen die "Wählergemeinschaft pro Starnberg" und bilden im Stadtrat als "Die ParteiFreien" die nunmehr neunte Fraktion

Von Peter Haacke, Starnberg

Mit einem politischen Paukenschlag hat die erste Woche nach den Pfingstferien in Starnberg begonnen: Angelika Kammerl und Sieglinde Loesti, bislang Mitglieder der sechsköpfigen Stadtratsfraktion "Wählergemeinschaft pro Starnberg" (WPS), haben bereits am Sonntag im Rahmen einer internen Vorstandssitzung ihren Austritt verkündet und am Montagmorgen auch die Öffentlichkeit darüber informiert. Die beiden Frauen wollen demnach ihr Mandat in der neu gegründeten Fraktion "Die ParteiFreien" behalten. Der Stadtrat hat somit nunmehr neun Gruppierungen. WPS-Schatzmeisterin Kammerl und Loesti sahen sich zu diesem Schritt gezwungen, "weil wir uns unserem Gewissen und dem Wohl der Starnberger Bürger verpflichtet fühlen", heißt es in der Pressemitteilung der "ParteiFreien".

Starnberg,  Stadtrat Sitzung

Die neue Gruppierung, der auch Sieglinde Loesti angehört, heißt "Partei-Freie" und ist insgesamt die neunte Fraktion im Starnberger Gremium.

(Foto: Georgine Treybal)

Es hat offenbar schon länger geknirscht im Gebälk der politischen Allianz aus BMS, WPS, BLS und FDP, die sich bislang vor allem einig zeigte in der Verhinderung eines B2-Tunnels. Doch in vielen anderen Sachthemen kam es in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen wohl immer häufiger zum Dissens, der sich nun in der Abspaltung Bahn bricht. Kammerl und Loesti - nach eigenem Bekunden das "Enfant terrible" der WPS - haben sich mit ihrem Entschluss, eine eigene Gruppierung zu gründen, offiziell losgesagt vom Fraktionszwang innerhalb der WPS. "Wir wollen unabhängig sein", sagte Loesti auf Anfrage, "es gab keine freie Meinungsäußerung mehr". Insbesondere beim Thema Haushalt 2016 war Loesti "bearbeitet" worden, ohne ihre Meinung zu berücksichtigen. Zwar sehen sich die "ParteiFreien" weiterhin als Bestandteil der Allianz, aber "nicht bis zur bitteren Neige", erklärte Kammerl.

Starnberg Stadtrat

Angelika Kammerl hat gemeinsam mit ihrer Parteikollegin eine eigene Gruppierung gegründet und verlässt die "Wählergemeinschaft pro Starnberg" (WPS).

(Foto: Georgine Treybal)

Entscheidend für den Weggang der beiden Frauen ist vor allem das Vorgehen beim Thema Verkehrsentlastung: Eine ortsnahe Umfahrung, wie sie derzeit auf Betreiben der WPS im Rahmen der Erstellung des "Verkehrsentwicklungsplans" für Starnberg geprüft wird, habe bei den Kommunalwahlen niemals zur Debatte gestanden, erklärte Kammerl. Es sei stets ausschließlich um eine ortsferne Umfahrung gegangen, wie sie von der Bürgerliste gefordert wird. Doch auch bei anderen Themen wissen sich Kammerl und Loesti nicht länger auf der eigenmächtigen Linie von Bürgermeisterin Eva John und ihrer Allianz: Sie fordern eine "zügige Bearbeitung der Hauptthemen" wie Umfahrung und Seeanbindung (Kammerl: "Da wird rumgeeiert"), ein schlüssiges Innenstadtkonzept ohne vorgezogene Einzellösungen wie in Rheinland-, Wittelsbacherstraße und Kaiser-Wilhelm-Straße, die Sanierung von Bahnhof See und "Bayerischer Hof" sowie einen offenen und transparenten Umgang mit Themen und Projekten der Stadt "unter Einbeziehung der Stadtratskollegen". Dazu zählen die "ParteiFreien" auch das Thema Wangener Löschweiher oder die offenkundige Sprachlosigkeit der Bürgermeisterin gegenüber der Deutschen Bahn oder dem "Alte Post"-Geschäftsführer Michael Krenn zum Verkauf des "Centrums". Die über Jahre verfestigte Lagerbildung im Stadtrat sei nur durch "offene Gespräche und Kompromissbereitschaft zwischen allen Gruppierungen" zu überwinden.

Welche Auswirkungen auf Politik und Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat die Gründung der "ParteiFreien" hat, ist derzeit völlig ungewiss. Allerdings müssen die Ausschüsse neu besetzt werden. Unverhohlen wird bereits darüber spekuliert, ob weitere Mitglieder der Allianz - insbesondere aus dem Lager des BMS, also der Gruppierung von Bürgermeisterin John - dem Schritt von Kammerl und Loesti folgen könnten. Die Unzufriedenheit einzelner Mandatsträger soll Insidern zufolge groß sein. Eine diesbezügliche Anfrage zum Thema ließ WPS-Pressesprecher Markus Mooser am Montag unbeantwortet.

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