Winterschwimmen am Starnberger See:"Ich war seit fünf Jahren nicht mehr krank"

Winterschwimmen am Starnberger See: Eigentlich sind die Ganzjahresschwimmer aus Garatshausen immer zu fünft. Nur in Ausnahmefällen fehlt auch mal jemand.

Eigentlich sind die Ganzjahresschwimmer aus Garatshausen immer zu fünft. Nur in Ausnahmefällen fehlt auch mal jemand.

(Foto: Arlet Ulfers)

Eine Gruppe unverwüstlicher Senioren trifft sich jeden Tag am Starnberger See zum Schwimmen - auch im Winter. Vor allem für die Gesundheit soll das kalte Wasser sehr förderlich sein.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Eigentlich ist gar kein Badewetter. Die Wolken hängen tief über dem Starnberger See. Es ist nasskalt und Grau in Grau. Da hätten die meisten Menschen nicht einmal im Sommer Lust zu baden - und jetzt im Winter schon gar nicht. Denn das Wasser hat 5,6 Grad. Das hat Max Körte nachgemessen. Der 81-Jährige gehört zu einer Gruppe von Tutzingern, die sich seit nunmehr fünf Jahren täglich, also im Sommer wie im Winter, am Bootssteg im Freibad Garatshausen treffen, um eine Runde zu schwimmen.

An diesem Vormittag Anfang Januar sind die meisten der insgesamt fünf Winterschwimmer, alle im Rentenalter, verhindert. Nur Cornelia Heß, 66, gesellt sich zu Körte, der bereits Winteranorak und Mütze auszieht. Jeder hat eine Schaumstoffunterlage dabei. Sie wird auf eine Bank gelegt, damit man sich zum Umziehen hinsetzen kann. Lässig ein Handtuch über der Schulter geworfen geht er zu den Stufen am Ende des Bootsstegs. Im Winter hält er sich am Geländer fest, denn häufig bildet sich auf den Stufen eine glatte Eisschicht. Dann legen die Winterschwimmer ein Handtuch auf die Stufen, um nicht auszurutschen.

Winterschwimmen am Starnberger See: Obacht - die Stufen am Ende des Stegs können im Winter eisig und damit sehr rutschig sein.

Obacht - die Stufen am Ende des Stegs können im Winter eisig und damit sehr rutschig sein.

(Foto: Arlet Ulfers)

Heß ihrerseits ist schon immer gerne geschwommen. Den Anstoß, auch im Winter ins Wasser zu gehen habe ein Buch über Eisschwimmen gegeben, erzählt sie. Die Heilpraktikerin ist überzeugt, dass das Winterschwimmen sehr gesund ist. "Jeder, der Depressionen hat, sollte ins kalte Wasser springen." Ein weiterer Vorteil: "Man ist immer gut gelaunt, wenn man aus dem Wasser kommt."

Bei Minustemperaturen trägt eine Schwimmerin Neoprenhandschuhe - gegen kalte Fingerspitzen

Auch Heß steht nun im Badeanzug am Seeufer und gleitet zügig ins Wasser - nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam. "Zuerst bekommt man eine Schnappatmung, aber man gewöhnt sich daran", sagt sie fröhlich. Etwa 30 Meter schwimmen die beiden am Seeufer entlang und wieder zurück. Das dauert rund zwei Minuten. Dabei wirken sie entspannt und unterhalten sich. Sobald sie das Wasser wieder verlassen, entledigen sie sich routiniert der nassen Badekleidung und ziehen sich wieder an. Im Winter tragen sie normalerweise "Schlupfhosen", wie sie es nennen. Denn die Finger sind nach dem Aufenthalt im kalten Wasser klamm, man tue sich deshalb schwer mit Reißverschlüssen und Knöpfen.

Bei Minustemperaturen trägt eine Schwimmerin Neoprenhandschuhe, um kalte Fingerspitzen zu vermeiden, sagt Heß. Und Körte behält seine Wollmütze auf. Das geht heute nicht. Der See ist zu unruhig und hat zu viele Wellen. Die Mütze würde nur nass werden. Aber eine Flasche mit heißem Tee hat Körte immer dabei, um sich nach dem Schwimmen von innen aufzuwärmen. Zurzeit ist das Seewasser kälter als die Außentemperatur, sodass die Schwimmer beim Anziehen nicht frieren. "Wenn man rauskommt, ist es nicht kalt - das ist das Angenehme", sagt Heß, deren Haut sich gerade rot färbt. "Es prickelt auf der Haut und tut noch immer weh. Aber man ist fit für den Tag."

Winterschwimmen am Starnberger See: Die Winterschwimmer sind ein eingespieltes Team. Jeder hat bei den Badevorbereitungen seine eigene Aufgabe.

Die Winterschwimmer sind ein eingespieltes Team. Jeder hat bei den Badevorbereitungen seine eigene Aufgabe.

(Foto: Arlet Ulfers)

Die vier Winterschwimmerinnen nebst "Quotenmann", wie sich Körte selbst bezeichnet, sind eine reine Zweckgemeinschaft. Außerhalb des Schwimmtermins treffen sie sich nie. Doch sie lachen viel gemeinsam. Manchmal bringt Körte auch seine Ziehharmonika mit und spielt ein bisschen, bevor sie ins Wasser gehen, beispielsweise an Silvester. Überhaupt ist die Gruppe ein eingespieltes Team. Jeder hat seine Aufgabe. Ein Besen, der versteckt hinter einem Baum steht, wird hervorgeholt, um den Steg zu kehren. So trete man nicht barfuß auf Steine oder Laub, sagt Körte. Heute hebt er den Rest einer Silvesterrakete auf und steckt ihn in seinen Rucksack, um ihn später in einer Mülltonne zu entsorgen. "Wir machen immer sauber", betont er.

Der tägliche Termin um 11 Uhr ist fix, er gehört zum Alltag von Heß, Körte, Bascha Feldhütter, Claudia Wagner und Renate Weiß. Mit Ausnahme bei Reisen und Urlauben fehlt nie jemand. Und doch ist kein Tag wie der andere. "Jeden Tag ist eine andere Stimmung am See und ich war seit fünf Jahren nicht mehr krank", sagt Heß.

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SZ PlusKommentator Guido Heuber
:Verrücktes Huhn aus Ramersdorf

Guido Heuber ist 52, Eurosport-Moderator und vieles mehr: Sommelier, DJ, Trampolin-Trainer, Bike-Guide, Ski- und Snowboard-Lehrer. Über einen Mann mit vielen Facetten.

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