Starnberger See:Was Seefahrer sehen

Eine Tour mit dem Elektroboot erlaubt ungewohnte Ausblicke auf Villen, Strände und nackte Stand-Up-Paddler

Von Manuela Warkocz, Starnberg

Kreuzfahrten sind groß in Mode. Man muss aber gar nicht in die Karibik, wenn an einem traumhaften Sommertag ein Bootstrip auf dem Starnberger See Entspannung, Badefreuden und Eindrücke vom Luxusleben in den herrschaftlichen Anwesen am Ufer garantiert. Ein elegantes Elektroboot lässt sich etwa stundenweise bei der alteingesessenen Fischerfamilie Schropp an der Starnberger Uferpromenade mieten. Wer den See bis zu seinem südlichsten Rand in Seeshaupt erkunden will, sollte allerdings gut sieben Stunden für die rund 40 Kilometer Hin- und Rückfahrt einplanen. Und lieber die etwas stärkere Bootsvariante für 30 Euro pro Stunde wählen. "Vom Akku her kein Problem, der hält einen Tag", versichert Evi Schropp beim Einchecken.

Das Fahren selbst ist auch kein Problem. Ein schlichter Schalter regelt Vorwärtsfahrt, Stopp und Rückwärtsgang. Manövriert wird mit einem einfachen Lenkrad. Dafür braucht man keinen Führerschein. Einziger Verhaltenshinweis: 300 Meter Abstand zum Ufer, um Schwimmer nicht zu gefährden und Diskretionsabstand zu den Villen, Bootshäusern und Privatstränden zu halten. Und Blick zum Himmel. Falls ein Unwetter droht, an Land fahren und Schropps Notrufnummer wählen.

Noch glitzert der See an diesem Sommertag windstill in der Morgensonne. Leise schnurrt der Motor, während das Boot am Westufer entlang Kurs auf die Roseninsel nimmt. Rechts, pardon Steuerbord, präsentiert sich das Strandbad Undosa mit großer Seeterrasse. Wo sich ab 1905 in Deutschlands vermutlich erstem Wellenbad mit künstlicher Wellenmaschine exklusive Gäste vergnügten, genießen heute Prominente und viel junges Publikum feines Strandleben im Beachclub. Weiter südlich reihen sich großzügige Grundstücke mit repräsentativen Villen aneinander - viele mehr als 100 Jahre alte Herrschaftshäuser, mal in Jugendstil, mal nach toskanischem Vorbild, oft pastellfarben in Gelb und Rosé gehalten, mit Pavillons auf gepflegtem Rasen und Bootshäusern so groß wie andernorts Einfamilienhäuser. Dazwischen macht sich auch mal ein gesichtsloser Mehrfamilien-Betonklotz breit, ein schwarzer moderner Würfel erregt Aufmerksamkeit.

In Possenhofen lässt sich ein Blick auf das Schloss werfen, in dem Kaiserin Sisi ihre Kindheit verbracht hat. Unweit liegt mit dem Steg 1 einer der angesagtesten Partytreffs am See, wo an einem sonnigen Werktag schon mittags viele Gäste in Liegestühlen abhängen. Unterwegs grüßt ein Fischer von seinem Ruderkahn herüber. Segler sonnen sich in der Flaute, gerne hüllenlos. Auch Stand-Up-Paddler sind erstaunlich oft splitterfasernackt unterwegs. Davon sollte man sich aber nicht ablenken lassen, denn sonst könnte eine Kollision mit den mächtigen Dampfern drohen.

Niederpöcking:  La Villa

Die ehemalige Villa Knorr, heute Hotel La Villa, ist in toskanischem Stil erbaut.

(Foto: Nila Thiel)

Gefahr birgt auch die "Piratenbucht", auf die ein beschriftetes Holzkreuz vor der Roseninsel hinweist. Im seichten, glasklaren Wasser, das den Blick bis auf den Grund freigibt, kann das Elektroboot leicht auflaufen. Also östlich um die Insel herumgeschippert, die mit ihren prähistorischen Pfahlbauten unter Wasser seit 2011 zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Nur von Süden her gibt die dicht bewaldete Insel den Blick auf das Kasino frei, geliebter Rückzugsort von König Ludwig II. und begehrte Hochzeitslocation.

Spektakulär zischen Wasserskifahrer vor der Inselkulisse ihre Kreise über den See. Sie starten, gezogen von einem Motorboot, von einem Ponton im See aus. Das gehört zur Possenhofener Wasserskischule Glas, bei der sich schon Steve McQueen, Peter Kraus und Barbara Rudnik rasant vergnügt haben. Das beschauliche Elektroboot erlaubt immerhin eine Erfrischung über eine eigene Badeleiter.

Weitere Schmuckstücke lassen sich im Vorbeifahren in Feldafing und Tutzing entdecken, darunter Schloss Garatshausen und Schloss Tutzing, das Midgard-Haus und die Kustermann-Villa. Am frühen Nachmittag ziehen bedenkliche Wolken über der Alpenkette auf. Zeit fürs gemächliche, zweistündige Zurücktuckern.

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