Süddeutsche Zeitung

Tourismus:Ein neues Hotel für Tutzing direkt am See

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Wo einst der alte "Seehof" stand, sollen vier dreigeschossige Gebäude mit bis zu 90 Zimmern entstehen. Es fehlt nur noch der Investor.

Von Jessica Schober, Tutzing

Manche wissen noch, wie das damals war, als vor 30 Jahren die Gäste im Hotel "Seehof" eincheckten, das so fabelhaft nah am Seeufer lag und mit seinem fünfgeschossigen Bau lange das Ortsbild Tutzings prägte. Klaus Götzl von der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung erinnert sich noch, wie er Gäste dorthin lotste. Heute sagt er: "Die Lage des Grundstücks direkt am See ist 1a für ein Hotel, das zugleich mitten im Ort liegt und mit dem S-Bahnhof sogar eine Flughafenanbindung hat". Der Touristikexperte nennt es "eines der größeren Filetstücke rund um den See herum" - und doch lag das Gelände nun Jahrzehnte brach.

In den 90er-Jahren wurde der "Seehof" eine Unterkunft für Geflüchtete und als er schließlich 2003 abgerissen werden musste, ahnte wohl noch niemand, dass weitere knapp 20 Jahre vergehen würden, bis ein neuer Bebauungsplan steht. Nun hat der Tutzinger Gemeinderat sich geeinigt: Der Bebauungsplan Nummer 78 sieht auf 5300 Quadratmetern Fläche ein dreigeschossiges Hotel vor, das deutlich nach Norden versetzt ist. Am Seeufer soll eine Promenade entstehen, drei kleine Uferhäuschen könnten eines Tages ein Bistro beherbergen. Nur noch ein Investor fehlt für das Filetgrundstück, das dem österreichischen Immobilienentwickler UBM Development gehört. Bürgermeisterin Marlene Greinwald (FW): "Die Eigentümer haben uns mitgeteilt, dass sie an einen Investor mit klarer Bauabsicht verkaufen wollen".

Eine Absage erteilte der Gemeinderat damit jeglichen Plänen an diesem Ort Wohnbebauung zuzulassen. Bauamtsleiter Christian Wolfert war der Erhalt der Sichtachse zum See wichtig und dass das Ufer weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Im Erdgeschoss des Hotels soll Gewerbe zulässig sein, eine Eisdiele oder die Touristeninformation könnten eines Tages dort einziehen. Ein möglicher Wellnessbereich des Hotels könnte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sodass auch Tutzinger in die Sauna gehen könnten, so Wolfert. Für einen Hotelbetrieb mit 80 bis 90 Zimmern biete der Bebauungsplan optimale Voraussetzungen.

Die Entwicklung wurde begleitet von einem Hotelplaner, der beispielsweise an einzelnen Stellen darauf drängte, breitere Gänge und Fluchtwege zu ermöglichen. Eine Tiefgarage würde unter dem Hotel und unter der Fußgängerpromenade Platz finden müssen. "Der Gemeinde sei an einer Fremdenverkehrsnutzung an dieser Stelle gelegen: "Ein Spagat zwischen Investoreninteressen und den Bedürfnissen der Bevölkerung".

Lydia Knözinger-Ehrl vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum stellte den finalen Bebauungsplan dem Gemeinderat vor. "Weder für den Hotelbetrieb noch die Nachbarn sind Einschränkungen durch Lärm zu befürchten", sagt sie auf Nachfrage. Eine Terrasse zur Seeseite lasse der Plan nicht zu. Dass manchem Tutzinger ein dreigeschossiger Bau an dieser Stelle heute wuchtig vorkäme, kann Knözinger-Ehrl verstehen. "Man gewöhnt sich schnell an den freien Blick und die grüne Wiese, aber städtebauliches Ziel war es, an dieser Stelle das geltende Baurecht nicht zu mindern".

Bürgermeisterin Greinwald ist schon von vielen Besuchern darauf angesprochen worden, "was da unten los sei". Für Außenstehende wirke die Brachfläche entlang des ungenutzten Uferstücks am Starnberger See neben dem Tutzinger Schloss befremdlich. Auch Kaufinteressenten haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder bei Greinwald gemeldet, "vom familiengeführten Hotel bis zu großen Ketten". Die Rathauschefin ist froh, dass der neue Bebauungsplan nun kurz vor Ablauf einer Veränderungssperre beschlossen werden konnte. "Es war eine Herausforderung, das in so kurzer Zeit zu schaffen". Die Verwaltung habe sich bemüht, einen baulichen Kompromiss zu finden. Dass nicht jeder damit glücklich sein kann, weiß auch Greinwald: "Wer gemeint hat, er hat mit seinem Grundstück den Seeblick mitgekauft, der ist nun vielleicht enttäuscht."

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SZ vom 11.10.2021
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