Süddeutsche Zeitung

Starnberger See:Winterquartier für bis zu 25 000 Zugvögel

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Heuer wurden am Südufer schon 13 Prachttaucher gesichtet - und nach vielen Jahren sogar wieder eine junge Schmarotzerraubmöwe. Schutzzonen sollen ihnen Ruhe verschaffen.

Von Armin Greune, Starnberg

Wo sich im Sommer Zehntausende Erholungssuchende tummeln, herrscht jetzt weitgehend Ruhe. Ein Glück für die 15 000 bis 25 000 Wasservögel, die sich jedes Jahr von November bis März auf und am Starnberger See versammeln, denn jede Störung kann fatale Folgen haben, wenn sie Fluchtreaktionen auslöst. Gerade in der kalten, nahrungsarmen Jahreszeit müssen die Vögel mit ihren lebenswichtigen Energiereserven sparsam haushalten. Viele von ihnen kommen schon ziemlich erschöpft aus ihren Brutrevieren an. Einige Reiherenten zum Beispiel legen mehr als 5000 Kilometer zurück, um von Sibirien an die Seen im Voralpenland zu gelangen; auch Tafelenten und Kolbenenten nehmen Flugreisen von mehreren tausend Kilometern in Kauf, um den Starnberger See oder den Ammersee als Winterquartier zu nutzen.

Die Beliebtheit dieser Gewässer bei den Zugvögeln aus Norden und Osten erklärt Andrea Gehrold, Gebietsbetreuerin des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) am Starnberger See, einerseits mit der geografischen Lage: Die Gewässer "bieten einen Anlaufpunkt vor der Alpenbarriere, die von den Vögeln nur mit erheblichem Kraftaufwand über- oder umflogen werden kann." Zum anderen bleibe gerade der Starnberger See wegen seiner Tiefe und Größe fast immer eisfrei. Davon profitieren besonders die wohl auffälligsten Wintergäste: Die imposanten Seetaucher mit Spannweite von bis zu 1,50 Metern sind eigentlich in den arktischen und subarktischen Zonen von Alaska bis Ostsibirien zuhause und bestens an maritime Lebensräume angepasst. Sie können bis zu acht Minuten lang und 70 Meter tief tauchen und unterarmlange Fische verschlingen. Bereits im Oktober wurden heuer am südlichen Ende des Starnberger Sees bis zu 13 Prachttaucher gesichtet. Bei der Wasservogelzählung im vergangenen Monat entdeckten Ornithologen sogar noch eine junge Schmarotzerraubmöwe - es war die erste Beobachtung einer Raubmöwe am Starnberger See seit vielen Jahren.

Den Großteil der im Winter gezählten Wasservögel stellen allerdings relativ häufige Arten wie Blässhühner, Reiher-, Tafel- und Kolbenenten. Vor einem Jahr wurden in dem Gebiet zwischen Starnberg und Seeshaupt insgesamt 16 446 Vögel von 34 Arten registriert. Der Starnberger See sei "eine der wichtigsten Rückzugsorte für Zugvögel aus ganz Europa und Russland", sagt Gehrold.

Um die gefiederten Gäste möglichst wenig zu beeinträchtigen, sind dort Winterruhezonen ausgewiesen, die frei von Störungen bleiben und auch von Freizeitsportlern respektiert werden sollten. Das sind die Buchten nördlich einer Linie von Possenhofen bis Berg und südlich von Bernried und Ambach, ein schmaler Streifen am Ostufer auf Höhe von Allmannshausen und Ammerland sowie die Flachuferzonen am Westufer um die Roseninsel und im Karpfenwinkel. Die organisierten Wassersportler verzichten dank einer freiwilligen Vereinbarung von November bis Mai sogar ganz auf alle Aktivitäten am und im See.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2019
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