Strandbad Seeshaupt:Sommerfrische wie zu Omas Zeiten

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Auf der Wiese, auf der sich heute Badegäste entspannen, wurden früher die Netze der Fischer getrocknet. (Foto: Nila Thiel)

Fischer Andi Lidl hat das Badegleände wiederbelebt, stellt Sonnenschirme und Liegestühle zur Verfügung und vermietet Boote. Dafür müssen die Gäste nun allerdings Eintritt zahlen.

Von Kia Ahrndsen, Seeshaupt

Das Strandbad Lidl hat in Seeshaupt eine lange Tradition, schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte ein Lidl am Ufer des Starnberger Sees Badehütten aufgebaut. Die im Karree gebauten Kabinen ermöglichten den Gästen einen von neugierigen Blicken abgeschirmten Zugang ins Wasser. Die Wiese am Seeufer war anderen Tätigkeiten vorbehalten: Dort spannten die Fischer ihre Netze auf, die damals noch aus Baumwolle oder Leinen waren und jeden Tag trocknen mussten, nachdem sie im Ruderboot in den frühen Morgenstunden im See ausgebracht worden waren.

Heute stehen auf der Wiese Sonnenschirme und Liegestühle, besetzt von Feriengästen in Bikini oder Badehose, Rudern ist Freizeitvergnügen. Andi Lidl, der heute die Fischerei betreibt, fährt mit Motorboot und Nylonnetzen hinaus. Jetzt hat er das frühere "Strandbad Lidl" wiederbelebt. Wie bis in die Achtzigerjahre müssen die Gäste nun aber Eintritt zahlen. Allerdings sitzt niemand mehr am Zauntürchen und kassiert 50 Pfennig pro Kind, die Besucher kommen vielmehr zur Bootshütte und entrichten ihren Obolus.

Das Strandbad Seeshaupt zog schon vor 100 Jahren Badegäste an. (Foto: Privat)

Der Zaun hat Lücken, das Gelände ist eigentlich ungehindert zugänglich. "Ganz am Anfang sind wir ein paarmal über die Wiese gegangen, um zu kassieren," sagt Lidl, aber inzwischen kommen die Gäste von selbst. Kinder haben ohnehin freien Eintritt, Jugendliche zahlen pro Tag zwei Euro, Erwachsene drei Euro. Dauerkarteninhaber werden "wie früher bei der Oma", sagt Lidl, in ein kleines Büchlein eingetragen. Die Gäste dürfen Liegestuhl und Sonnenschirm benutzen, wenn welche frei sind, und die Toiletten im "Stüberl am See".

In den vergangenen fünf Jahren hat sich der 53-Jährige vornehmlich um die Gastronomie im Biergarten gekümmert, für anderes war keine Zeit. Um Feriengäste kümmert sich die Familie Lidl aber immer noch, heuer wurde der Bootsverleih wieder in Schwung gebracht. Jetzt ist der Biergarten verpachtet und die Bootshütte wieder gut gefüllt - zumindest am frühen Morgen: drei Elektroboote warten auf Gäste (zwei davon nagelneu), Ruderboote, Paddelboote (auch in einer Spezialausführung "Krokodil" für Kinder) und neue Badetretboote, darunter das "Ferrari-Boot" mit Rutsche. Selbstverständlich gibt es auch einige Stand-Up-Paddels. Eventuell kommt, so Lidl, noch ein Segelboot dazu.

Geöffnet ist bei passendem Wetter jeden Tag von elf Uhr, wer ein Fahrzeug schon früher nutzen möchte, kann am Vortag Bescheid geben (Telefonnummer: 08801/9153388). Dieses Angebot richtet sich vor allem an Stehpaddler, die den See zu früher Stunde genießen möchten, oder Angler. Die Preise liegen zwischen sieben Euro für das Krokodil und 28 Euro fürs Elektroboot pro angefangener Stunde. Andi Lidl ist mit der Resonanz zufrieden: Es laufe langsam an, sagt er, aber das sei nach der langen Pause nicht anders zu erwarten gewesen. Zu Beginn hatte es noch ein paar Probleme gegeben, so musste die Lenkung der Elektroboote nachgebessert werden, aber jetzt ist alles bereit.

Lidl hat nun auch wieder mehr Zeit für die Fischerei, mehrmals pro Woche fährt er frühmorgens auf den See. Allerdings ist die Ausbeute derzeit nicht groß, und was er fängt, "geht direkt in die Küche des Stüberls". Er will die Fischerei wieder ausbauen und so die Familiengeschichte weiterführen. Immerhin sind die Lidls schon 1560 zum ersten Mal als Fischer in Seeshaupt verzeichnet. Andi Lidls Ziel ist der Ausbau eines alten französischen Lieferwagens zum "Fischmobil", das als Verkaufswagen dienen soll. Die Lackierung ist fertig, der Innenausbau, vor allem der Kühlanlagen, gestaltet sich schwieriger.

Man kann aber, so versichert Lidl, bei Bedarf an frischem Fisch in der Bootshütte nachfragen - vielleicht ist ein Fang ja doch einmal größer ausgefallen. Und sobald es geht, sollen dort auch wieder Räucherfische angeboten werden. So wie früher bei seiner Mutter in der Küche.

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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