Süddeutsche Zeitung

Starnberger See:Ruderunglück: Staatsanwaltschaft pocht auf Prozess

  • Vier Jahre ist es her, dass der 13-jährige Leo beim Rudertraining auf dem Starnberger See abtrieb und ertrank - er hatte weder Schutzweste noch Handy dabei.
  • Die Schuldfrage ist nach wie vor ungeklärt - bis zuletzt sah es so aus, als würde das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt.
  • Nun die Kehrtwende: Weil die Staatsanwaltschaft das ablehnt, sollen sich die beiden damaligen Betreuer jetzt doch vor Gericht für den Tod des Jungen verantworten.

Von Christian Deussing

Viereinhalb Jahre nach dem Tod des 13-jährigen Ruderschülers Leo aus München auf dem Starnberger See wird es nun wohl doch zum Prozess gegen zwei Betreuer vor dem Amtsgericht Starnberg kommen. Denn die Staatsanwaltschaft München II hat es jetzt abgelehnt, das Verfahren gegen Geldauflagen einstellen zu lassen. Dies hatte das Amtsgericht zunächst vorgeschlagen - wenn die angeklagten Trainer der Ruder-Schülergruppe 50 000 Euro und 12 000 Euro zahlen. Man werde dem aber wegen der "besonderen Bedeutung des Falls und der Prozesslage" nicht zustimmen, erklärte am Dienstag auf Anfrage die zuständige Staatsanwältin Karin Jung. Der 13-jährige Gymnasiast war am 19. April 2015 in seinem Einerboot ohne Rettungsweste und Handy beim Training abgetrieben und im acht Grad kalten Wasser ertrunken.

Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im November 2015 gegen die heute 53 und 70 Jahre alten Übungsleiter des Münchener Ruder-Clubs (MRC) Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen vor dem Landgericht München II erhoben. Den Betreuern wird vorgeworfen, gegen die Aufsichtspflicht und Sicherheitsvorschriften verstoßen zu haben. Der Fall wurde vor einem Jahr dem Starnberger Amtsgericht übertragen, das später überlegte, die Sache aufgrund der langen Verfahrensdauer nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung einzustellen. Laut Gesetz wäre das möglich, wenn dies der "Schwere der Schuld nicht entgegensteht" und die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung dieser Variante ohne Urteil auch zustimmten.

Doch mit dem Veto der Ankläger dürfte dieser Vorschlag der zuständigen Richterin aus Starnberg vom Tisch sein. Zumindest habe man die Ablehnung dem Starnberger Amtsgericht vor Kurzem mitgeteilt, sagt Staatsanwältin Jung. Man habe für die Hauptverhandlung mehr als zehn Zeugen benannt, die am Tag des Geschehens vor Ort gewesen seien. Überdies liegen zwei Gutachten zu dem Ruderunglück vor, bei der zumindest eine der Expertisen die angeklagten Betreuer schwer belastet.

Nach SZ-Informationen hat zuvor schon die Generalstaatsanwaltschaft München klar signalisiert, sich der Dramatik und Tragweite des tödlichen Ruderunglücks vom April 2015 bewusst zu sein - und deshalb auf einen Prozess vor dem Amtsgericht in diesem Fall hinwirken zu wollen. Eine Stellungnahme des zuständigen Gerichts war am Dienstag nicht mehr zu erhalten.

An dem Verfahren sind auch die Eltern des ertrunkenen Jungen als Nebenkläger vertreten. Während ihre Anwältin von "nicht unerheblichen Straftaten" spricht, betont ein Verteidiger der Betreuer, dass in den Gutachten "nicht alles so richtig zutreffend" sei.

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SZ vom 06.11.2019//vfs
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