Luxus-Immobilie am Starnberger See:Wo Pocci Feste feierte

Einst lud der Graf Hochadel und Künstler auf sein Anwesen am See. Jetzt steht das "Alte Schloss" zum Verkauf.

Von Astrid Becker

Am Zaun hängt ein Plakat. Es geht darauf um eine Ausstellung über den "Kasperlgraf", genauer gesagt über Franz Graf von Pocci. Und einen geeigneteren Ort, um darauf hinzuweisen, als diesen Zaun, hätte man wohl kaum finden können. Denn er befindet sich direkt gegenüber eines Wahrzeichens des Starnberger Sees: dem Schloss Ammerland, das in der Bevölkerung nur "Pocci-Schlössl" genannt wird. Ein Teil des aus insgesamt drei Gebäuden bestehenden geschichtsträchtigen Ensembles aus dem 16. Jahrhundert steht nun zum Verkauf: Von einem zweistelligen Millionenbetrag ist die Rede, den ein Käufer für das sogenannte "Alte Schloss" aufbringen muss.

Es ist ein sonniger Wintertag, an dem der jetzige Eigentümer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, zur Besichtigung bittet. Ein schmiedeeisernes Tor öffnet sich automatisch: "Fahren Sie einfach rein", sagt eine freundliche Stimme. Der Mann, der hier seit mehr als 20 Jahren lebt, hat sich die Entscheidung, seinen Teil des Anwesens zu verkaufen, nicht leicht gemacht. Eigentlich, so erzählt er später, habe er hier alt werden wollen. Sein letztes Haus sollte es werden, das in historischen Büchern als "Altes Schloss Ammerland" geführte wird. Es ist eines von drei Gebäuden, die den Gesamtkomplex ausmachen, und heute unter dem Namen "Pocci-Villa" bekannt ist.

Er habe viele Projekte entwickelt und umgesetzt, für sich und für andere, erzählt der Eigentümer, der das Anwesen von einem Bankier gekauft hatte. Dieser hatte das im Jahr 1541 erbaute "Alte Schloss" in den Achtzigern in einem erbärmlichen Zustand übernommen. "Das hätte ich sofort abgerissen", sagt der heutige Besitzer und holt ein altes Fotoalbum des Vorbesitzers hervor.

Die Wände waren feucht, durch das gesamte Anwesen zog der Geruch von Moder und Schimmel. Die Fenster in den alten Holzrahmen waren längst herausgebrochen, der Garten zugewuchert. Und auch von Außen glich das Herrenhaus mehr einer Ruine. Ein Schandfleck, der sich da viele Jahre hinter dem "Neuen Schloss", einem Wahrzeichen am Starnberger See, versteckt hatte. Der Bankier jedoch muss sich in die Lage des Anwesens verliebt haben. Er ließ das Gebäude entkernen, so dass am Ende nur noch die nackten Außenwände standen - um es dann in seinem ursprünglichen Stil wieder aufbauen zu lassen.

Dabei orientiert er sich an alten Kupferstichen von Michael Wening, die aus der Zeit um 1700 stammen. Aus der einstigen Ruine, die vor ihrer Sanierung mehr einem Landhaus glich, wird wieder ein beachtliches Herrenhaus. Als der Hausherr 1993 überraschend stirbt, muss seine Witwe das Anwesen an den jetzigen Eigentümer verkaufen. Doch nach mehr als 25 Jahren und weiteren Umbauarbeiten steht das Gebäude wieder zum Verkauf. Der derzeitige Eigentümer hat andere Pläne: Ihn zieht es aus privaten Gründen in die Schweiz. An einen See. "Ich bin an einem See aufgewachsen, ich könnte nie ohne Wasser leben", sagt er.

Auch der Graf von Pocci muss das Wasser sehr geliebt haben. Seine Familie hatte das gesamte Ensemble, bei dem nur ein Gebäude durch einen Neubau ersetzt worden ist, 1841 von König Ludwig I. erhalten. Erst kurz zuvor hatte der König das Anwesen erworben. Als Poccis Vater Fabricius 1843 starb, erbte Sohn Franz das Ensemble. Heute erinnert man sich an den einstigen Hofmusikintendanten vor allem auf Grund seiner Malereien, Zeichnungen und Karikaturen. Oder durch die Stücke, die er für Puppentheater geschrieben hatte. So entwickelte Franz Graf von Pocci etwa gemeinsam mit Josef Leonhard Schmid, dem Begründer des Münchner Marionettentheaters, die Figur des Kaspars Larifari.

In der Zeit, in der Pocci das Anwesen in Ammerland bewohnte, empfing die Familie auch immer wieder berühmte Gäste, wie etwa Marie von Bayern, die Mutter König Ludwigs II. oder auch Herzog Max in Bayern, dessen Tochter Sisi Kaiserin von Österreich war. Auch berühmte Dichter und Künstler wie Franz Kobell, Moritz Schwind oder Carl Spitzweg gehörten zu den Gästen, ebenso wie sein Freund Johann Ulrich Himbsel aus dem nahen Leoni. Inzwischen finden hier zwar keine rauschende Feste mehr statt. Charme hat das Anwesen mit dem fast 4000 Quadratmeter großen Grundstück aber noch heute.

Allein der angrenzende Park, den man über eine Treppe am Wohnhaus erreicht, ist sehenswert. Auf einem geschwungenen Kiesweg geht es durch die Anlage hinab zum See. Besonders reizvoll ist hier der Privatstrand mit Außendusche, Holzterrasse und Sitzecke: "Mein Lieblingsplatz", sagt der jetzige Bewohner: "Hier abends noch ein Glas Wein trinken und aufs Wasser schauen - das ist wie Yoga fürs Gehirn."

Der Blick auf den Starnberger See ist aber auch aus nahezu allen Räumen des Hauses möglich. Insgesamt verfügt das Herrenhaus auf einer Wohnfläche von 375 Quadratmetern über acht Zimmer und drei Bäder. Im Inneren hat der jetzige Besitzer selbst Hand angelegt. Er hat etwa die Küche an eine andere Stelle verlegt, Ankleiden einbauen lassen oder die Bäder vergrößert. Er hat einen Kamin einbauen und das Gebäude technisch auf den neuesten Stand bringen lassen.

Durch eine Tür erreicht man das Wohnzimmer und das direkt damit verbundene Esszimmer, der Blick fällt dabei immer auf den See. Eine Sichtbeziehung, die sich auch im Obergeschoss fortsetzt, in dem sich eine große Ankleide, ein noch größeres Badezimmer wie Arbeits- und Schlafzimmer sowie eine Loggia und ein Balkon befinden. Im Dachgeschoss liegen drei Zimmer und zwei Bäder.

So manches Stück der Einrichtung hat der Besitzer selbst entworfen und würde es auch einem Käufer überlassen. Erste Interessenten an dem Anwesen hätten sich bereits gemeldet, erzählt er - aus Dubai und aus Malaysia. Es ist längst gang und gäbe, dass Interessenten aus fernen Teilen der Welt Immobilien in Deutschland erwerben. Dem Eigentümer des "Alten Schlosses Ammerland" ist dies auch bewusst. Dennoch: Er selbst wünscht sich einen Käufer aus dem deutschsprachigen Raum für sein Schlössl am Starnberger See.

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