Süddeutsche Zeitung

Starnberger See:Fischer klagen gegen Geothermie-Projekt

Kann eine Geothermie-Anlage in Bernried das Oberflächenwasser des Starnberger Sees verunreinigen? Zwei Fischer halten das für möglich und sorgen sich um ihre Fänge. Jetzt haben sie Klage gegen das Projekt beim Verwaltungsgericht München eingereicht.

Gerhard Summer

Zwei Fischer vom Karpfenwinkel ziehen gegen das voraussichtlich 90 Millionen Euro teure Geothermie-Projekt in Bernried zu Felde: Lorenz Lidl und Johann Bäck aus Unterzeismering haben beim Verwaltungsgericht München Klage gegen einen Bescheid des Wasserwirtschaftsamts Weilheim eingereicht. Die Behörde genehmigt darin die Einleitung von Regenwasser, das auf dem vorgesehenen Betriebsgelände und an den Kraftwerksanlagen anfällt, in den Rötlbach. Und dieses kleine Gewässer fließt durch Auwiesen zum Naturschutzgebiet Karpfenwinkel und mündet in den Starnberger See - 400 Meter entfernt von den Betrieben der Fischer.

Lidl und Bäck befürchten, dass das Oberflächenwasser mit Schadstoffen wie Öl belastet sein könnte. Damit besteht aus ihrer Sicht die Möglichkeit einer Verunreinigung von Bach und See - womit der Fischbestand gefährdet wäre und ihre Fänge unverkäuflich würden. "Wir sind direkt betroffen", sagte Lidl auf Anfrage. Er und sein Berufskollege fischen im Karpfenwinkel Hecht, Aal und Barsch. Außerdem komme in dem Gebiet die in der EU geschützte Mairenke vor. Sie steige seit Jahrhunderten in den Rötlbach zum Laichen auf, so Lidl.

Zur Bürgerinitiative gegen das Projekt der Gemeinde Bernried und der Firma BE Geothermal haben die Fischer nach eigenen Worten wenig Kontakt. Trotzdem lassen sich beide Seiten vom selben Anwalt vertreten, Michael Fingerhut aus München. Er kommt in seiner Klage zu dem Ergebnis: Der Rötlbach werde dauerhaft "mit aus dem Kraftwerk stammenden Schadstoffen" wie Schmutz und Fahrzeugöl belastet werden.

Entsorgt werden solle nämlich unter anderem das Niederschlagswasser der Auffangbecken unter den Luftkondensatoren, der Verkehrs- und Abstellfläche, die vorher als Bohrplatz diente, des Parkplatzes und der Hoffläche. Fingerhut zufolge ist zudem nicht eruiert worden, welche Gewässergüteklasse der Bach hat. Der Gutachter bezeichne das Wasser "unzutreffend als ,kritisch belastet'", bleibe aber jede Erklärung dafür schuldig.

Den Geschäftsführer Technik der BE Geothermal, Lutz Stahl, beunruhigt die Anfechtung des Bescheids nicht sehr. "Dann müsste man auch gegen Aldi klagen", sagte er. Straßen, Parkplätze und Dächer würden hierzulande nämlich über Tagwasserkanäle entwässert, alles lande mithin im Starnberger See. Im Falle des Geothermie-Projekts sei als Sicherheit die kontinuierliche Analyse des Regenwassers geplant. Im Fall einer Belastung würde der Zufluss abgesperrt und das Wasser in Becken gespeichert. Die Bürgerinitiative gegen den Kraftwerksbau am Rande von Tutzing hat sich inzwischen mit einer Petition an den Landtag gewandt.

Die Beschwerde richtet sich auch gegen die Privilegierung des Bauvorhabens. Ihren Angaben nach fordern nun Abgeordnete von CSU und FDP in einem Dringlichkeitsantrag das Gegenteil: die generelle Privilegierung von Geothermie-Projekten im Außenbereich. Die Initiative spricht von einem "skandalösen Vorgehen". Ihre Petition soll am heutigen Donnerstag behandelt werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1161622
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.10.2011/bica
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.