Starnberger See:Beliebtestes Fotomotiv: Hochwasser

Das Restaurant "Zum kleinen Seehaus" in Sankt Heinrich ist geschlossen. Doch die Wassermassen locken auch Touristen an.

Quirin Maderspacher und Julia Stürzl

Wie eine Halbinsel steht das Restaurant Zum kleinen Seehaus bei Sankt Heinrich mittlerweile im See. "So ein Hochwasser hatten wir in dem Maße selbst Pfingsten 1999 nicht", berichtet Inhaberin Veronika Tauber. Sie spürt die wirtschaftlichen Auswirkungen besonders deutlich. Ihre Umsatzeinbußen beziffert sie auf bis zu 100.000 Euro.

Hochwasser August 2010

Umsatzeinbußen wegen Hochwassers: Das Restaurant Zum kleinen Seehaus.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das ist sicherlich ein Extremfall, doch auch andere Gastronomen leiden unter den Auswirkungen des Hochwassers. Wie berichtet, werden seit gut einer Woche die meisten Stege nicht mehr angefahren.

Da die Terrasse des kleinen Seehauses bis zu 20 Zentimeter unter Wasser steht, haben die Inhaber das Restaurant geschlossen. Auch die Badewiese ist derzeit nicht zu benutzen. Sonst kommen bis zu 500 Badegäste pro Tag, die fallen wohl auch für den Rest der Saison aus.

Auch andere Gaststätten haben Einbußen, denn die Dampfer der Bayerischen Seenschifffahrt fahren zur Zeit nur Starnberg und Tutzing an. Nur drei große Rundfahrten werden angeboten. Und so entgeht den Wirten das Geschäft mit Ausflüglern. "Mit Dampfern wären mehr Gäste da", hieß es zum Beispiel im Schlosshotel in Berg. Im Seegasthaus Hirth bei Ambach, wo sonst viele Gäste zum Kaffee Halt machen, berichtete Klemens Nauen am Donnerstag im Gespräch mit der SZ: "Die Laufkundschaft fehlt halt".

Die Seenschifffahrt selbst habe nur wenige Einbußen zu verzeichnen, sagt der Geschäftsführer Walter Stürzl. Zum einen wichen die Gäste auf den Ammersee aus, zum anderen seien Tutzing und Starnberg ohnehin die beiden Hauptstege mit den größten Fahrgastzahlen.

Auch der Fährbetrieb zur Roseninsel fällt derzeit aus. Da der Glockensteg 30 Zentimeter unter Wasser steht, mussten dort bereits einige Veranstaltungen ausfallen, berichtete am Donnerstag der Fährmann Norbert Pohlus. Die Hauptgebäude auf der Insel seien zwar nicht betroffen, die Toiletten seien aber überflutet, und es gebe keinen Strom. Um die wirtschaftlichen Ausfälle zu kompensieren, bietet er allerdings bei schönem Wetter Rundfahrten um die Insel an.

Auch im Buchheim-Museum muss man kreativ sein. So ist eine Mondscheinfahrt vom Tutzinger Steg ins Museum in der nächsten Woche bereits ausgebucht. Elfriede Haimerl von der Museumsverwaltung muss sich nun einen Plan B überlegen, falls der Steg in Bernried dann immer noch gesperrt ist.

Eine unerwartete Entwicklung im Fremdenverkehr ist aber auch zu beobachten. Wildgänse und Schwäne auf überfluteten Wiesen gehören zur Zeit zu den beliebtesten Fotomotiven. "Ein neuer Hochwassertourismus macht sich bemerkbar", weiß Fritz Häring vom Midgardhaus in Tutzing. "Die Leute wollen sich die Überschwemmungen anschauen und das geht vom Boot aus natürlich sehr gut", hat auch der Schifffahrtsdirektor Stürzl festgestellt. So kann er wegen der neugierigen Touristen selbst dem Hochwasser noch etwas Positives abgewinnen.

Die Stadt Starnberg bereitet sich derweil auf den Rekordpegel vor. Ein Stadtsprecher sagte, dass mittlerweile 10.000 Sandsäcke gegen das Hochwasser ausgelegt wurden, die meisten in der überfluteten Wassersportsiedlung. Insgesamt wurden 282 Tonnen Sand verbraucht. Mehr noch als der Regen macht der Stadt der Wind Sorgen. Nordwind sein kein Problem, sagte der Stadtsprecher. "Bei Südwind sieht es bei uns schlecht aus." Durch den Wind könnte das Wasser in die am nördlichen Ende des Sees liegende Stadt gedrückt werden.

Der Pegelstand des Starnberger Sees nähert sich dem höchsten jemals gemessenen Wert. Gestern lag der Seespiegel laut Hochwassernachrichtendienst (HND) nur noch zehn Zentimeter unter dem Rekordstand von 1965 mit 585,12 Metern über dem Meeresspiegel. Und es ist weiterer Regen angesagt.

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