Starnberger See:Eine Kinderstube für den "Fisch des Jahres"

Mairenke ist bayerischer Fisch des Jahres 2021

Ein Männchen der Mairenke (Alburnus chalcoides) mit Laichausschlag. Der Karpfenfisch kommt nur in wenigen Gewässern in Deutschland vor - unter anderem im Starnberger See.

(Foto: Andreas Hartl/LFV/dpa)

Die Mairenke kommt nur noch in drei Gewässern vor - darunter der Starnberger See. Sie laicht bevorzugt in Bächen und Flüssen, doch bisher versperrt ihr ein Wehr im Lüßbach den Weg.

Von Armin Greune

Kürzlich ist die Mairenke zum Fisch des Jahres gekürt worden - zwar nicht auf Bundes-, aber immerhin auf bayerischer Ebene. Die separatistische Wahl des Landesfischereiverbands beruht auf der Absenz des lebenden Herings im Freistaat - was freilich auch auf die meisten anderen Bundesländer zutrifft. Doch anders als der Massenfisch von Nord- und Ostsee hat die Mairenke auch im Sinne des Artenschutzes besondere Aufmerksamkeit verdient: Sie wird im Anhang der FFH-Richtlinie als Art von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt, für die EU-Staaten besondere Schutzgebiete ausweisen müssen. Die Mairenke ist jedoch deutschlandweit nur noch in drei Voralpengewässern verbreitet: Neben Chiem- und Simssee gehört der Starnberger See dazu.

Eine besondere Verantwortung laste daher auf Bayern und dem Fünfseenland, sagt Michael Schubert, Abteilungsleiter im Starnberger Institut für Fischerei. Dennoch werde der Mairenke am Starnberger See das Leben oder zumindest die Fortpflanzung schwer gemacht: Sie suche im späten Frühjahr bevorzugt Fließgewässer in der Umgebung zum Laichen auf. Der drittgrößte Zufluss, der Lüßbach, ist aber trotz jahrelanger Bemühungen um eine Fischaufstiegshilfe noch immer durch ein Wehr versperrt, klagt Schubert.

Mairenke und Seeforelle Wehr Lüßbach

Unüberwindbare Barriere für wandernde Fische: Das Wehr bei Percha versperrt den Lüßbach.

(Foto: oh)

Schon beim Fischertag 2016 hatte er die Hoffnung geäußert, die bis zu 1,40 Meter hohe Blockade im Lüßbach werde im kommenden Jahr durch eine Fischtreppe ersetzt. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen - unter anderem eine fischbiologische Masterarbeit der TU München - hatten sich mit der Lebensraumqualität der Zuflüsse zum Starnberger See, der Passierbarkeit der Bäche für Fische und ihren bevorzugten Laichgründen befasst. Dabei hatte sich das Wehr 500 Meter oberhalb des Seezuflusses bei Percha als fast unüberwindbares Hindernis erwiesen.

Im Blickpunkt der Ichthyologen, der Fischkundler also, stand vor allem die Seeforelle, die zum Ablaichen zwingend darauf angewiesen ist, in Fließgewässer aufzusteigen. Schon aufgrund ihrer imposanten Größe ist sie ein begehrter Speisefisch, der für die Fischerei auch wirtschaftliche Bedeutung erlangen könnte. Das trifft auf die Mairenke nur eingeschränkt zu: Die sei am Starnberger See "nie Zielfischart, höchstens Beifang", sagt Schubert - wohl auch, weil der maximal 20 Zentimeter lange Schwarmfisch viele Gräten aufweist. Schubert ist sich aber sicher, dass "auch der eine oder andere Berufsfischer hier gelegentlich Mairenken verkauft", sie werden oft als Weißfische gehandelt.

Doch vor allem die begrenzte Verbreitung und die daraus resultierende Bedrohung der Art sprächen dafür, dass man sich für ihren Erhalt im Starnberger See einsetzt. Zwar kann die Mairenke anders als die Seeforelle notfalls auch im flachen Uferbereich der Seen ihre Eier abstreifen, doch offenbar zieht sie Fließgewässer vor. So könne man Jahr für Jahr beobachten, wie Mairenken in Schwärmen die Würm aufwärts wandern. Auch in der Seeshaupter Ache wurden die Fische schon entdeckt, "wie sie über kleine Hindernisse sprangen, wie kleine Lachse", so Schubert.

Für ihn sei offensichtlich, dass mit dem Wehr bei Percha auch für die Mairenke "Laichareale verloren gehen". Jetzt wäre man nach Jahren der Forschung und des Verhandelns endlich bereit, die Durchgängigkeit für Fische dort wieder herzustellen: "Ende 2020 haben wir sehr vielversprechende Gespräche mit der Stadt Starnberg, dem Wasserwirtschaftsamt Weilheim, dem Landesfischereiverband und dem Grundstückseigentümer geführt", sagt Schubert. Alle Beteiligten hätten ihre grundsätzliche Zustimmung zum Rückbau der Wehranlage bekundet. Sogar die Finanzierung von Planung und Umbau der etwa 90 000 Euro teuren Fischaufstiegshilfe sei bereits weitgehend durch Fördermittel gedeckt. Nun fehle nur noch die politische Zustimmung des Starnberger Stadtrates, dann könne man noch heuer mit den Arbeiten beginnen, um den Bestand von Mairenken und Seeforellen im Starnberger See nachhaltig zu sichern.

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