Süddeutsche Zeitung

Starnberger Bier:"Jetzt haben wir alle Ingredienzien im Haus. Wir können anfangen"

Lesezeit: 3 min

Brauerei-Chef Florian Schuh hat den Umzug nach Feldafing geschafft, der erste Sud wird getestet - und der Umsatz schäumt über.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Feldafing

An Eingang des Neubaus im Feldafinger Gewerbegebiet in Wieling steht ein riesiger Tanklastzug. Er bringt die erste Malzladung in das "Starnberger Brauhaus". Mit einem Druck von 0,8 bar werden die Körner durch die Edelstahlleitungen geblasen. Fünf Tanks stehen hier, daneben sind noch ein paar Säcke mit Spezialmalz aus der alten Brauerei in Höhenrain aufgereiht. Dort mussten die Malzsäcke noch einzeln in den Kessel gefüllt werden. Hier in Wieling arbeitet die Anlage vollautomatisch. Als die Lieferung von 26 Tonnen Malz abgeschlossen ist und der Fahrer den Schlauch vom Einfüllstutzen entfernt, freut sich Brauereichef Florian Schuh: "Das Wasser ist da und der Hopfen auch, jetzt haben wir alle Ingredienzien im Haus. Damit können wir anfangen."

Bereits fünf Jahre nach der Gründung ist die alte Brauerei in Höhenrain zu eng geworden und Schuh hat mehr als zehn Millionen Euro in den Neubau investiert. In der Corona-Krise, in der manche Brauereien einen starken Umsatzrückgang beklagen, erfordert das Mut. Doch Schuh glaubt fest an sein Glück. "Wir hatten den besten April seit Bestehen der Brauerei", schwärmt er. In den ersten vier Monaten dieses Jahres habe er eine Umsatzsteigerung von 22 Prozent verzeichnet. "Es spricht sich herum, dass wir erweitert haben", sagt er.

In den vergangenen Wochen lief der Umzug von Höhenrain nach Wieling auf Hochtouren. Schuh ist sichtlich erleichtert. Alles hat geklappt. Seit dem Spatenstich im Juli vergangenen Jahres bis zur Fertigstellung gab es nur eine Verzögerung von einer Woche. Zwar ist der Brauereiladen mit dem Verkostungsraum noch nicht fertig, er soll erst in zwei Wochen umziehen. Aber ein paar alte Tanks, die für das naturtrübe Weißbier benötigt werden, sind bereits in den Neubau verlagert worden. Die Verwaltung im oberen Stockwerk ist ebenfalls schon eingezogen. Die Einrichtung ist noch provisorisch. Im Büro des Brauereichefs steht eine Bierbank, die er als Schreibtisch nutzt. Von Wieling aus wird übrigens nur Fassbier ausgeliefert, das Flaschenbier wird in Niederbayern abgefüllt.

In den kommenden drei Wochen laufen die Produktionsanlagen noch parallel, bevor die alte Anlage in Höhenrain nach Niederbayern verkauft wird. In Wieling wurde quasi als erster Test ein Spelzensud gebraut, der von Landwirten abgeholt und verfüttert wurde. Seit dieser Woche wird der erste Biersud getestet. In spätestens vier Wochen sollen die ersten Produkte aus Feldafing in den Verkauf.

Das ist ein stolzer Zeitplan, denn im Gebäude sieht es noch gar nicht nach Produktionsstart aus. Überall wuseln Handwerker herum und gehen geschäftig ihrer Arbeit nach. Dazwischen stehen Kabelrollen und Kisten mit Wandhaltern, Schrauben oder Verbindungsteilen für Leitungen. IT-Spezialisten arbeiten an der Computeranlage, dem Herzstück der Brauerei.

Hier wird gerade geprüft, ob die etwa 3,5 Kilometer langen Edelstahlleitungen richtig verschweißt sind und es keine undichte Stelle gibt. Braumeister Sven Leindl und sein Stellvertreter Bene Hutter haben auf ihren Tablets jedes Detail der kilometerlangen Kabelstränge für Luftdruck und Strom im Blick. Neben dem optimalen, vollautomatisierten Arbeitsablauf ist Sauberkeit das A und O. "Brauerei hat ganz viel mit Reinigung zu tun", erklärt Schuh und zeigt auf die große Anlage, die den Reinigungskreislauf steuert.

Die Grundreinigung der Anlage ist gerade abgeschlossen. Nun wird jeder Bereich der Anlage schrittweise durchgetestet. Neben dem Abwassertank stehen zwei Frischwassertanks. Denn das Trinkwasser muss aufbereitet und entkalkt werden, bevor es zusammen mit Hopfen und Malz in die riesigen Sudkessel kommt. 66 000 Liter fassen die Tanks, die zwanzigfache Menge, die in Höhenrain produziert werden konnte, rechnet Schuh vor.

Für den Geschmack des Biers sind laut Schuh Mischverhältnis und Qualität der Zutaten ebenso entscheidend, wie das Wasser oder die Hopfensorte. Nur wenn der Hopfen wie im Starnberger Brauhaus aus Bayern kommt und zertifiziert ist, dürfen die Bierflaschen das Rautenmuster tragen. Die Brauanlage beeinflusst nach Angaben des Eigentümers ebenfalls den Geschmack. Es sei die Arbeit des Braumeisters dafür zu sorgen, dass das Bier aus der neuen Anlage genauso schmecke, wie das aus Höhenrain. Aber Schuh ist sich sicher, es hinzukriegen.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2021
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