Süddeutsche Zeitung

Starnberger Haushalt:Programmierter Widerspruch

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Der Starnberger Stadtrat befasst sich in seiner nächsten Sitzung vor allem mit dem Haushaltsentwurf 2016 und dem Investitionsplan. Schon jetzt stößt das komplexe Zahlenwerk in einigen Fraktionen auf heftige Kritik

Von Peter Haacke, Starnberg

Wenn's ums Geld geht, hört die Freundschaft bekanntlich auf: Sollte dieses Sprichwort tatsächlich Gültigkeit haben, dürfte die Sitzung des Starnberger Stadtrates am Montag, 2. Mai (18.30 Uhr), eine recht unfreundliche Angelegenheit werden. Denn wichtigster Tagesordnungspunkt ist der insgesamt 88 Millionen Euro schwere Etat der Kreisstadt, über den die 30 Mitglieder des Gremiums beraten. Doch die Sitzung in der Schlossberghalle, die Bürgermeisterin Eva John "außerplanmäßig" eingeschoben hat, birgt noch weitere Themen, die ausufernde Diskussionen nach sich ziehen könnten: Auf Antrag der CSU steht erneut der umstrittenen Bau eines Radweges in Rheinlandstraße auf der Tagesordnung, und auch Eva John möchte noch einmal über ihr "Leuchtturmprojekt", den Aufzug zum Rathausvorplatz, verhandeln. Und zum Abschluss geht es um die Öffentlichkeitsbeteiligung der Stadt zum Bundesverkehrswegeplan.

Erst vor zwei Wochen hatte der Haupt- und Finanzausschuss erste Gelegenheit, den mehrere hundert Seiten starken Haushalts- und Finanzplanentwurfs zu studieren und Details zu hinterfragen. Doch was sich tatsächlich hinter den endlosen Zahlenkolonnen verbirgt, die John und der seit 1. Januar im Amt befindliche Kämmerer Thomas Deller dem Stadtrat präsentierten, ist derzeit bestenfalls zu erahnen. Zumal die Haushaltsberatungen viel zu spät begonnen wurden und die Zeit für ein ausführliches Studium des komplexen Werks sehr knapp war. Unter den altgedienten Stadträten wächst derweil die Skepsis, zumal die Rücklagen - also das Geldvermögen der Stadt - von zuvor 14,7 Millionen Euro auf nunmehr 1,5 Millionen abgeschmolzen werden sollen.

"Viel spannender ist", sagt Martina Neubauer (Grüne), "was alles nicht im Haushalt steht". So vermisst sie Finanzmittel für den Kulturbahnhof, die Seeanbindung oder auch für den "Bayerischen Hof", der dringend sanierungsbedürftig ist. Auch eine Übersicht über Käufe und Verkäufe städtischer Grundstücke fehlt bislang. Einzige Großinvestition ist der Wasserpark. Umstritten ist aber auch die Neugestaltung der Grund- und Mittelschule an der Ferdinand-Maria-Straße für nahezu zwei Millionen Euro. Ansonsten aber fällt das Urteil von Neugebauer über den aktuellen Haushaltsentwurf eindeutig aus: "Keine Transparenz, keine Beteiligung des Stadtrats, keine Kontrolle und bislang auch keine Antworten auf Fragen."

Ähnlich sieht das die SPD. So hat Tim Weidner "noch nie eine so intransparente Vorbereitung eines Haushalts erlebt" - mal abgesehen vom Vorjahr, als John in der "stadtratlosen Zeit" den Haushalt allein absegnete. Bereits im November hätte sich der verantwortliche Ausschuss mit dem Haushalt befassen müssen, doch erst im April lag ein erster Entwurf vor. Christiane Falk spricht von einem "mit Kleinkram aufgeblähtem Haushalt". Doch gerade dieser "Kleinkram" ergibt in der Summe ein gewaltiges Paket, meint Stefan Frey (CSU). Seinen Berechnungen zufolge werden mehr als zwei Millionen Euro für Straßenprojekte ausgegeben, deren Sinnhaftigkeit auch in der Bevölkerung teilweise bezweifelt wird. Ein Sinken der Pro-Kopf-Verschuldung mag er angesichts der Rücklagenentnahme in Höhe von 13,2 Millionen Euro nicht erkennen, und auch bei den Gewerbesteuereinnahmen sieht er eine sinkende Tendenz. "Wo ist das Geld hin, wo ist die Einsparung", fragt er. Seiner Ansicht nach setzt der Haushalt "die falschen Prioritäten mit vielen kleinen, aber teuren Projekten, während die großen liegen bleiben".

Den Stadträten steht am Montag voraussichtlich ein langer Abend bevor. Spannung verheißt insbesondere die abschließende Debatte zu einer Stellungnahme der Stadt, in der man sich zum Bundesverkehrswegeplan im Hinblick auf den B2-Tunnel äußern will: Erwartet wird - wieder einmal - eine Kampfabstimmung.

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SZ vom 30.04.2016
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