Starnberger Festival:Lust aufs Musizieren gemacht

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Beim Festkonzert der Musiktage demonstrieren Dozenten und Korrepetitoren die hohe Kunst der Interpretation

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Festivals sind traditionell auch dazu da, ungewöhnlichen Programmen Aufmerksamkeit zu verschaffen, seltenen Werken und sogar Kompositionen, die im Konkurrenzkampf der Konzertveranstalter sonst als unzureichend aussortiert werden. Der künstlerische Leiter der Starnberger Musiktage, Violinist Rudens Turku, hat sich in den fast schon 20 Jahren des Unternehmens nie am gängigen Konzertbetrieb orientiert. Gespielt wurde, was Musizierfreude weckt, Spaß macht und woraus man gute Musik machen kann. Letztlich kommt es darauf an, wie die Interpreten mit den Werken umgehen und was sie von ihrer eigenen Persönlichkeit in den Vortrag einbringen.

In den Festkonzerten, die immer zum Auftakt der Osterakademie zu den Musiktage stattfinden und von den Dozenten sowie Korrepetitoren bestritten werden, geht es schließlich um die Demonstration der Interpretationskunst, aber auch darum, die Lust aufs Musizieren bei den anwesenden Kursteilnehmern zum Auftakt zu befeuern sowie nicht zuletzt die Besetzung der Akademie vorzustellen. Und auch diesmal machte es den Musikern auf der Bühne sichtlich Spaß, alle gestalterischen Register zu ziehen und mit fulminant-vitalen Interpretationen mitzureißen. Dafür erwies sich die Werkauswahl als ideal.

Der Cellist Wen-Sinn Yang gehört wieder zu den Dozenten des Festivals. (Foto: Georgine Treybal)

Cellist Wen-Sinn Yang trat zunächst an, seine hohe Gesangskunst am Instrument vorzuführen. Opernkomponist Rossini schrieb sehr wenig Kammermusik - und sie ist im Grunde auch keine. Denn wie das Thema mit Variationen "Une Larme" zeigte, sind seine Kammermusikstücke Opernpassagen ohne Text und ohne nachvollziehbare Handlung, dennoch betont rhetorisch und suggestiv in szenischer Weise. Mit dem Pianisten Robert Umansky hatte Yang einen glänzenden Begleiter neben sich, der mit großer Einfühlsamkeit und spieltechnischer Feindifferenzierung den brillanten Cellopart optimal in Szene setzte. Rossini war zum Zeitpunkt der Komposition bereits im Ruhestand, er schrieb das Stück aus reiner Liebhaberei. Was das Duo Umansky und Yang mit Brillanz und Spielfreude zu vermitteln vermochte.

Mit Blasinstrumenten kommt immer satte Farbe ins Spiel, worauf das Sextett von Poulenc geradezu ausgelegt ist. Mit Stephanie Winker (Flöte), Johannes Gmeinder (Klarinette), Kai Frömbgen (Oboe), Malte Refardt (Fagott), Sibylle Mahni (Horn) und Cornelia Weiss (Klavier) ging es aber auch sehr einfühlsam zur Sache. Selbst der grotesk dahintreibende Kopfsatz verblieb in den kultivierten Registern, dabei gab er sich trotzdem spritzig und straff drängend.

In den melodiösen und melancholischen Passagen im Kopfsatz, vor allem aber im Gesang des Mittelsatzes tarierte das Ensemble wohligen Schönklang aus. Dieses Divertissement strahlte vergnügte Heiterkeit aus, mit Humor in den Pointen. Der Kontrast zwischen dem Sinnieren und dem lyrischen Singen - immer wieder vor allem in der Fagott- und Klavier-Stimme - sowie dem Voranstürmen kam noch einmal im energischen, impulsiven Schlusssatz zum Zuge.

Solche Wirkungen hielt auch Spohrs klavierloses Nonett F-Dur bereit, doch in ihrer ursprünglichen Form, wie sie Mozart schon intensiv genutzt hatte. Turku, Yang, Roland Glassl (Viola) und Alexandra Hengstebeck (Kontrabass) ergänzten die Bläserbesetzung, wobei András Adorján den Platz von Winker an der Flöte einnahm. Spohr hatte es verstanden, die Möglichkeiten der Instrumente auszukosten. Der lustvolle Zugriff der Musiker machte auch die ganze Farbpracht der Besetzung deutlich, wunderbar im aus den Tiefen her entwickelten Scherzo samt n folkloristischen Tanzeinlagen, in denen vor allem Turku mit musikantischer Verve begeisterte. Mit seiner geschmeidig-galanten Stilistik zeigte sich aber auch schon der Kopfsatz erfrischend im Kolorit.

Trotz der nahezu orchestralen Besetzung und schwungvollen Musizierlust blieb das Ensemble dank schlanker Spielart transparent und bot glasklare Stimmführung. Aber die neun Musiker beherrschen auch die tiefsinnige Homogenität, als es darum ging, ein beseeltes Adagio zu kreieren. Selbst das rezitativische Nachsinnen im Mittelteil baute subtile Spannung auf, die sich in der Reprise mit romantischer Melodik wohltuend auflöste. Die Dramaturgie in der Interpretation zeigte eine entschiedene und schlüssige Entwicklung, die ein fulminantes Finale versprach. Und das Ensemble hielt das Versprechen und wirbelte vital und spritzig in eine Schlussinszenierung hinein, die das zahlreiche Publikum in der Schlossberghalle Starnberg zu Ovationen hinriss.

© SZ vom 25.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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