Süddeutsche Zeitung

Wildparken im Landkreis Starnberg:Wohin mit den vielen Campern?

In Coronazeiten landen vermehrt Reisende mit Wohnmobilen im Fünfseenland. Weil die Fahrzeuge überall abgestellt werden, sucht man in den Gemeinden nach Lösungen, wie sich die Flut an Campingfahrzeugen lenken lässt.

Von Sabine Bader

Das Zuhause immer dabei - wie die Weinbergschnecke. Statt der alljährlichen Auslandsreise lieber das eigene Land erkunden - das erscheint vielen Deutschen in Zeiten von Corona als das Gebot der Stunde. Sie kaufen oder mieten sich ein Wohnmobil und reisen quer durch die Republik. Außergewöhnlich viele zieht es an die oberbayerischen Seen, insbesondere ins Fünfseenland.

Davon können einige Gemeinden ein Lied singen. Zum Beispiel Berg am Ostufer des Starnberger Sees. Auf dem Parkplatz am denkmalgeschützten Marstall in Unterberg stehen zu Urlaubszeiten zuweilen fünf oder sechs Wohnmobile gleichzeitig. Und auf der Parkfläche an der Montessorischule in Biberkor auch. Kostenpflichtige öffentliche Parkplätze gibt es in der Gemeinde bislang nicht. In nicht öffentlicher Sitzung des Berger Gemeinderats kam das Thema kürzlich ebenfalls zur Sprache. Die Gemeinderäte waren sich angeblich grundsätzlich einig darin, ihre Parkplätze nicht zu öffentlichen Campingplätzen umfunktionieren zu wollen.

Von der SZ dazu befragt, sagte Bergs Bürgermeister Rupert Steigenberger: Er persönlich könne sich vorstellen, dass man auf einem Parkplatz im Gemeindegebiet, an dem es auch akzeptiert werde, das Parken von Wohnmobilen ganz offiziell mit Tagestickets erlaube und dort den Reisenden auch gleich einen Stromanschluss und ein Dixiklo zur Verfügung stelle. "So hätten wir auch die Möglichkeit, die Leute dorthin zu verweisen", meint Steigenberger. Er schränkt aber ein, dass der Gemeinderat einer solchen Idee bislang eher ablehnend gegenüber stehe.

Bei der Polizei Starnberg gehen häufig Anrufe von Anwohnern ein, die sich über abgestellte Wohnmobile oder Anhänger in ihren Straßen beschweren. So viel Verständnis die Polizei auch für deren Interessen aufbringen mag, eines steht fest: Es ist zulässig, sein Wohnmobil auf öffentlichem Grund zu parken, sofern das Fahrzeug zugelassen ist und es sich bei dem Gelände weder um einen Rettungsweg noch um ein Halteverbot handelt.

Ganz ohne Campingbus nur mit einem gemieteten Pkw sind Jana und Judith aus Köln heuer in den Urlaub aufgebrochen. Die beiden schlafen nachts im Wagen. Jetzt haben sie ihren Campingkocher mit dem Espressokännchen vor sich auf dem Parkplatz am Berger Marstall gestellt. Neben ihnen steht ein Campingbus. "Als wir gestern Abend hier ankamen, waren wir froh, dass er dastand, dann waren wir nachts nicht alleine auf dem Platz", sagen sie. 5500 Kilometer sind sie in den vergangenen drei Wochen auf dieses Weise gereist. Eigentlich wollten die beiden 25-jährigen Krankenschwestern durch Mittelamerika. Wegen der Corona-Pandemie disponierten sie um und fuhren nach Süditalien. Nach Berg kamen sie am Montagabend eher zufällig, auf der Rückfahrt. "Aber es ist schön hier", finden die beiden.

Zur Genüge kennt man das Wohnmobil-Problem auch in Wörthsee. Die Fahrzeuge, sie kommen ausschließlich aus Deutschland, stehen an der Rossschwemme, am Badeplatz Maistraße und auf dem Parkplatz am Rathaus gleichermaßen. Besonders kühne Parker nutzen dann noch die Toilette im Rathaus. Diese Erfahrung hat Geschäftsleiterin Christa Heintel mehr als einmal gemacht. "Der Freizeitdruck hat einfach zugenommen, und München wird auch immer größer", sagt sie. Seit 1989 ist Heintel im Wörthseer Rathaus beschäftigt. Dass auf den drei besagten Parkplätzen ausschließlich Personenwagen erlaubt sind, kümmert einige Wohnmobilbesitzer ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Parkplätze bis 22 Uhr autofrei sein müssen. Das heißt, man darf auf keinem von ihnen übernachten. Um die Flut an Campingfahrzeugen einzudämmen, haben die Wörthseer neuerdings Höhenbegrenzungen auf ihren Parkplätzen angebracht. Fahrzeuge, die höher als zwei Meter sind, müssen künftig draußen bleiben. Einzig VW-Busse passen noch durch. Dabei war der Wochenendtrip an den Wörthsee für so manchen Wohnmobileigner eine günstige Art zum Ausspannen. Man zog sich einfach ein Tagesticket zu vier Euro, stellte das Fahrzeug ab und ging zum Baden.

"Das Problem kennen wir auch", sagt Tamara Marchetto vom Herrschinger Bauamt. Das Besondere in Herrsching ist: Die Wochenendausflügler mit ihren ausladenden Fahrzeugen stehen hier nicht unbedingt auf kostenpflichtigen öffentlichen Parkplätzen, sondern vorwiegend in den kleinen Seitenstraßen. Nach Marchettos Erfahrungen bleiben die Parker meist ein bis zwei Tage in den Wohnstraßen stehen, und die Anwohner sind genervt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5032980
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.09.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.