Starnberg:"Wie ein Formel-1-Rennfahrer"

  • Ein Starnberger Bauunternehmer war angeklagt, einen Münchner Autofahrer verfolgt und bedrängt zu haben, weil er nicht überholen durfte.
  • Vor Gericht bestreitet der Firmenchef die Vorwürfe - und beschuldigt seinen Kontrahenten.
  • Weil die Nötigung nicht nachgewiesen werden konnte, wird der Starnberger freigesprochen.

Von Christian Deussing, Starnberg

Drängeln und nötigen, riskant überholen oder ausbremsen: Diese Jagdszenen sind oft auf Autobahnen zu erleben, besonders zwischen München und Starnberg. Ein Raserduell lieferten sich zum Beispiel im Februar 2016 ein Starnberger Unternehmer und Münchner Autofahrer, der den Firmenchef danach wegen Nötigung anzeigte. Der 52-Jährige hat daraufhin einen Strafbefehl in Höhe von 1200 Euro kassiert.

Jetzt saß der Bauunternehmer, der sein Verhalten abstritt, auf der Anklagebank des Starnberger Amtsgerichts und wähnte sich im falschen Film, als sein Autobahn-Kontrahent die Vorwürfe gegen ihn im Prozess vehement wiederholte. Demnach sei der Angeklagte "filmreif wie ein Formel-1-Rennfahrer" unterwegs gewesen und habe mehrfach versucht, zu überholen. Der Zeuge gab vor, verfolgt und behindert worden zu sein. Kurz vor dem Autobahnende in Starnberg sei der Fahrer wie "aus heiterem Ende wieder aufgetaucht und bremste mich vor der ersten Ampel aus", erzählte der 56-jährige Münchner. Er sei dann gleich zur Polizei gefahren, weil ihn seine zwölfjährige Tochter auf dem Beifahrersitz dazu motiviert habe.

Mit Zornesröte verfolgte der Angeklagte die Schilderungen und betonte, die Geschichte ganz anders in Erinnerung zu haben. "Eigentlich müssten Sie sich bei mir entschuldigen", sagte der Starnberger, der sich von den Aussagen des gegnerischen Autofahrers schockiert zeigte. Dieser habe an der Stoßstange geklebt, ihm die Faust gezeigt, höhnisch "geklatscht und Faxen gemacht".

Doch die Staatsanwältin glaubte dem Zeugen und bemängelte, dass der Beschuldigte sich selbst nicht hinterfrage. Sie erhöhte sogar die Geldstrafe auf 1600 Euro und forderte ein Fahrverbot von einem Monat. Der Verteidiger konterte in seinem Plädoyer, dass der andere Autofahrer "keinen runden Sachverhalt" zu dem Wettstreit auf der Autobahn schildern konnte. Sein Mandant habe sich jedenfalls damals nicht aggressiv verhalten, so dass hier nur ein Freispruch infrage komme.

Auch Richterin Brigitte Braun hegte ernsthafte Zweifel an den Aussagen des Zeugen - der wahrscheinlich nur einer möglichen Anzeige des Autofahrers aus Starnberg zuvorkommen wollte, um den Spieß unzudrehen. Das habe sie schon oft erlebt, sagte die Richterin. Gegen den Münchner spricht auch seine lange Liste an Verkehrssünden: Zweimal wurde ihm wegen der vielen Punkte in Flensburg der Führerschein entzogen, was ihn nicht daran hinderte, sich weiterhin ans Steuer zu setzen. Der Unternehmer wurde freigesprochen, da eine "Nötigung" nicht nachweisbar war.

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