Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Weltmusik aus Weßling

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Die Reggae-Combo Jamaram erhält den Kulturpreis des Landkreises im 20. Jahr ihres Bestehens

Von Armin Greune, Starnberg

Ein paar Jahre sollte man im lokalen Kulturgeschehen schon im Rampenlicht gestanden sein, um für den Kulturpreis des Landkreises Starnberg in Betracht zu kommen. Nach Jozek Nowak und Willi Großer im Vorjahr sind heuer Jamaram an der Reihe. Nur gut für den Altersdurchschnitt bei der feierlichen Übergabe am Dienstag, dass die ohnehin noch relativ jungen Preisträger drei ihrer Kleinkinder mitgebracht hatten - ansonsten überwog im von Honoratioren durchsetzten Publikum eindeutig die Generation Ü 60. Aber so richtig neu sind auch die acht Jungs der Combo auch nicht im Geschäft: Jamaram gründete sich noch im alten Jahrtausend, nachdem sich Sänger Samuel Hopf und Gitarrist Tom Lugo im Schulbus kennengelernt hatten, der sie täglich in Herrsching und Weßling auflas.

"Was - erst jetzt?" sei dann auch seine erste Reaktion auf die Juryentscheidung gewesen, erzählte Kinobetreiber Matthias Helwig in seiner Laudatio, die er als langjähriger Wegbegleiter der Band hielt: "1999, da hatte der Herr Roth noch mit der Polizei zu tun", erklärte er mit Augenzwinkern zum Landrat, und die jungen Leute hätten "damals vermutlich auch etwas geraucht", wogegen der damalige Kripobeamte hätte einschreiten müssen. Aus den zunächst zwölf Musikern wurde bald eine Truppe von acht, die bis heute unverändert Bestand hat. Beim ersten Konzert, das Helwig im Jahr 2000 beim Open Air in der Seefelder Hazienda miterlebte, habe er "nie erwartet, dass die Band solange zusammenhält".

Doch seitdem hat sie mit ihrem relaxten, von Rock-, Latin-, Ska- und Funkelementen angereicherten Reggae gut 1500 Konzerte gegeben. Dabei zogen die Jungs immer größere Kreise: Jamaram bereicherte zunächst kleine Clubs und Festivals in Oberbayern, von 2004 an waren sie bundesweit unterwegs, 2006 kam die erste Italientournee. 2008, als die Band schon für den Tassilo-Preis der SZ nominiert war, ging es erstmals bis nach Uganda, wo die Truppe im Auftrag des Goethe-Instituts mit Schulkindern jammte. In Afrika erwuchs ein nachhaltiges Engagement: Mit der Initiative "Go Ahead!" sammelte die Band mehr als 120 000 Euro für Vorschulkinder in Südafrika. Jamaram ist ihrem Publikum mit selbstgestrickter, tanzbarer Gute-Laune-Musik ans Herz gewachsen, die live zuverlässig zündet und in die Beine geht. Helwig hob die aussagestarken Texte der "Zirkusfamilie" hervor: "Little Boy Out in the Ocean" etwa thematisiert das Schicksal von geflüchteten Kindern. Die Bandmitglieder - Hopf alias Samy Danger, Lugo, Murxen Alberti, Lionel Wharton, Daniel Noske, Giovanni Pecorini, Bendog Beblo und Nik Thäle - hätten ihre Nebenjobs behalten, Familien gegründet "und sind sich dennoch treu geblieben", sagte Helwig.

Mit entwaffnender Ehrlichkeit ergänzte Karl Roth, dass er Jamaram nicht gekannt habe, bevor die Jury ihre Preisträger fand. Kulturbeauftragte Barbara Beck habe ihm dann eine CD geliehen, die er auf Heim- und Rückfahrt im Auto mit wachsender Begeisterung gehört habe. Der Landrat lobte vor allem, dass die Band "Musik als Weltsprache einsetzt und immer offen für den kulturellen Austausch" sei.

Hopf bedankte sich abgesehen von den üblichen Verdächtigen auch ausdrücklich bei der Weßlinger Familie, "die uns seit 20 Jahren in ihrem Keller beherbergt". Das Publikum belohnten die sechs angereisten Musiker mit einem Unplugged-Ständchen, danach jammte Jamaram noch zum Buffet im Landratsamt. Wer die Band live erleben will, hat an diesem Freitag im Pöckinger "Beccult" dazu Gelegenheit.

Mit dem Anerkennungspreis des Landkreises wurde der 2003 gegründete Verein "Jazz am See" ausgezeichnet. Laudator Stefan Müller erinnerte an legendäre "Alpenjazz"-Festivals in Feldafing und die mittlerweile sieben SeeJazz-Festivals, die er mit dem Verein organisiert hat. Der Vorsitzende Bernhard Sontheim dankte mit einer Fotoserie der Konzerthöhepunkte, die mit einer Bluesversion des Beatles-Song "Come Together" unterlegt war. Er riet finanziell limitierten Veranstaltern, im Ausgleich für kleine Gagen "die Musiker in den Mittelpunkt zu stellen und mit einem Rundum-Zufriedenheits-Paket" zu entlohnen.

Der Kulturförderpreis ging an den 25-jährigen Gitarristen Jakob Wagner: Ein ehemaliger Eleve der Starnberger Musikschule, der nun "öfter in Düsseldorf, Bayreuth oder Paris ist als in Starnberg", wie Roth fand. Wagner spielte ein klassisch-lateinamerikanisches Stück von Agustin Barrios. Jugendliche Akzente unter den arrivierten Damen und Herren setzte auch The Major Moon Band - ein Studententrio, das die Feier musikalisch umrahmte.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2019
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