Starnberg:Weltläufig seit 100 Jahren

Starnberg feiert in einem großen Festakt seine Stadterhebung - und natürlich fehlt auch das Thema Tunnelbau nicht.

Sabine Bader

Starnberg wird 100 - ebenso wie der Bayerische Gemeindetag und die Biene Maja. Die Kreisstadt ist also in guter Gesellschaft. Am Montagabend feierten die Starnberger die Erhebung ihres Ortes zur Stadt mit einem Festakt und viel Musik. Das Dekret von Prinzregent Luitpold war zwar schon zum Januar 1912 wirksam geworden, mit allem Brimborium gefeiert wurde damals aber erst am 12. März, dem 91. Geburtstag des Prinzregenten. Es muss ein rauschendes Fest gewesen sein - mit Fackelzug, Zapfenstreich und Böllerschützen.

Festabend 100 Jahre Stadt Starnberg

Schmissiges und Klassisches: Zum Festakt spielten die "Gugglberg-Musi", das "Almaida-Quartett & Martina Fischer"  und das "Ensemble Windcraft". Den Auftakt machte der Kinderchor der Grundschule (im Bild) mit einem Willkommensständchen, zum Buffet gab es Jazz mit dem "Stazz-Quintett".Fotos: Fuchs

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das gilt bis heute: Wenn Starnberg ruft, kommen die Gäste - auch wenn der 12. März diesmal auf einen Montag fiel. Der große Saal der Schlossberghalle war rappelvoll, und Rathauschef Ferdinand Pfaffinger konnte unter den 400 Gästen auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Landrat Karl Roth sowie Bundestags- und Landtagsabgeordnete, aktuelle und ehemalige Stadträte, Ehrenbürger und Träger der Bürgermedaille begrüßen. Herrmann: "Man muss die Feste feiern, wie sie fallen." Auch dies zeuge vom "Selbstbewusstsein der Starnberger".

Dass zum speziellen Starnberger Selbstverständnis viele Faktoren beigetragen haben, verdeutlichte Christine Rose in ihrer charmanten Moderation ebenso wie Rathauschef Pfaffinger in seiner Eröffnungsrede: einem spannenden Parforceritt durch die Geschichte der Stadt - vom Fischerdorf zum begehrten Wohnort mit weltläufigen Bürgern. So führte beispielsweise der Baedecker-Reiseführer Starnberg bereits 1904 als weltbekannten Badeort mit einer "aufs luxuriöseste eingerichteten Schwimmschule", in der sogar Damen Schwimmunterricht erhielten. Soviel zur Weltläufigkeit der Stadt. Die Kehrseite: Die Preise waren bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts verdorben hoch, die Einwohnerzahl stieg rasant und mit ihr auch die Zahl der Bausünden und der Verkehr. Dass die Stadt ihren einstigen "Seebad-Charme" längst verloren hat, weiß Pfaffinger. Aber sie sei dennoch eine "reizvolle und liebenswürdige Kleinstadt" - trotz aller Fehler.

Zu den Fehlern gehört für ihn unstrittig die Bahn am See und der Verkehr. Und so beendete der Rathauschef seine historisch geprägte Rede mit dem politischen Appell, die Seeanbindung endlich voranzubringen: "Ich bin der Überzeugung, dass sich solche Gelegenheiten nicht zu häufig bieten." Und an die Adresse des Innenministers meinte er: "Sie können sich nunmehr mit einer mutigen Entscheidung einen Eintrag im Geschichtsbuch unserer Stadt sichern." Herrmann verstand die Botschaft und sicherte den Festgästen in Sachen B-2-Tunnel seine Unterstützung zu - auch wenn er zuweilen die für Starnberger Ohren hochsensiblen Begriffe "Tunnel" und "Umfahrung" munter durcheinanderwarf. "Wir müssen alles dafür tun, dass Gelder locker gemacht werden."

In das Ewigkeitsthema Tunnel mündete letztlich auch die launige Festrede von Tilman Spengler. Der Schriftsteller und Sinologe, beheimatet am Ostufer des Starnberger Sees, reflektierte darüber, dass Starnberg aus kulturhistorischer Sicht mit 100 Jahren noch lange nicht zu den "Alten Meistern" zu zählen sei - eher zur "Klassischen Moderne". Und so arbeitete er sich an den Begrifflichkeiten dieser Periode ab - an Zeit, Geschwindigkeit, der Kunst der Verlangsamung - und an der Psychoanalyse eines gewissen Doktor Freud mit ihren verstörenden Hinweisen auf Ängste vor Tunnels.

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