Beschmierte Wahlplakate:„Demokratie“ statt „AfD“

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Demokratie statt AfD: Paul Friedrich (FDP) hat sein von AfD-Sympathisanten beschmiertes Plakat übermalen lassen. (Foto: oh)

Was tun, wenn die eigenen Wahlplakate mit AfD-Parolen überschrieben werden? Der FDP-Mann Paul Friedrich hat da eine Idee, die den Schmierfinken so gar nicht gefallen dürfte.

Glosse von Linus Freymark, Tutzing

Mal angenommen, man hätte einen riesengroßen Hass. Auf sich selbst. Hass auf die Medien. Auf das System. Auf Politiker. Was macht man da? Es gibt einen Haufen unschöner, widerwärtiger und gefährlicher Methoden, diesen Hass auszuleben. Eine davon lautet offenbar: Man nimmt Stift und Spraydose zur Hand, fährt die halbe Nacht um den Starnberger See und beschmiert Wahlplakate. Vielleicht war es nicht nur Hass, sondern einfach nur Blödheit, oder vielleicht auch beides.

Aber irgendwas in dieser Richtung muss es gewesen sein, das Unbekannte dazu verleitet hat, die Wahlplakate der anderen Parteien mit „AfD“-Schriftzügen und Beleidigungen zu versehen. Aus künstlerischer Sicht war das übrigens ein ziemliches Fiasko, ein paar Linien hätte man da schon nochmal nachziehen können. Auch die Idee an sich ist, nun ja, eher simpel: Drei Buchstaben irgendwo hinschmieren und das ein oder andere Gesicht zur Fratze zu verunstalten, zeugt nicht gerade von großer Kreativität. Das haben linke Aktivisten doch schon in den Achtzigerjahren gemacht.

Nun ja, raus aus der Vergangenheit, zurück zum Ausgangsszenario: Mal angenommen also, man beschmiert fremde Plakate, fährt vielleicht kurz darauf daran vorbei und will das eigene Schaffen bestaunen. Und dann das: Plötzlich steht da nicht mehr „AfD“, sondern „Demokratie“. Ja, Mist, könnte man sich da als verhinderter Künstler denken, wie ist denn das passiert? Hat man sich da beim Hass versprühen versprüht?

Nicht ganz. Vielmehr war ein zweiter Sprayer im Auftrag des FDP-Kandidaten Paul Friedrich am Werk – und hat die Schmierereien kurzerhand übermalt. In Wahlkampfzeiten ist so eine Aktion natürlich eine nette Eigen-PR für den jungen Liberalen. Und als FDP-Kandidat muss man gerade jede Vorlage dazu verwerten, wenn das was mit dem Einzug in den Bundestag werden soll. Für die Sprayer ist Friedrichs Aktion bitter: Da schlägt man sich die Nächte um die Ohren, und dann kommt einfach einer und sprüht drüber. Der Aufwand, die Kosten, das Risiko, erwischt zu werden – alles für die Katz. Und das ist nicht alles: Friedrich will das Plakat versteigern – und den Erlös an die Flüchtlingsunterkunft in Tutzing spenden. Mal angenommen, man wäre AfD-Sympathisant und mit der Spraydose in der Hand losgezogen – man würde sich ganz schön ärgern. Vor allem über sich selbst.

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