Prozess :„Nichts Verdächtiges gehört“

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Der Angeklagte bestreitet vor dem Amtsgericht Starnberg, die Gastgeberin einer Party vergewaltigt zu haben. (Foto: Arlet Ulfers)

Ein Freund entlastet den angeklagten Partygast, der in Starnberg die Gastgeberin einer privaten Party vergewaltigt haben soll.

Von Christian Deussing, Starnberg

Im Indizienprozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung auf einer Pizza-Party im Februar 2022 in Starnberg hat das Schöffengericht am Montag versucht, der Wahrheit mit Aussagen von Zeugen näherzukommen. Vernommen wurde am dritten Prozesstag der Freund des 31-jährigen Angeklagten, der die Tat bestreitet und behauptet, dass es nach der Feier zu „einvernehmlichem Geschlechtsverkehr“ mit der Gastgeberin in ihrem Doppelbett gekommen sei. Die damals 24-jährige Starnbergerin hatte den Gast, den sie zuvor nicht kannte, am Abend nach der Party wegen Vergewaltigung bei der Polizei angezeigt.

Der Freund des angeklagten Elektroingenieurs hatte seinerzeit mit seiner Partnerin auf einer schmalen Couch übernachtet – im selben Zimmer, in der abseits in einer Nische das Doppelbett der Gastgeberin stand. Der Zeuge berichtete, in jener Nacht auf der engen Couch schlecht geschlafen, aber „nichts Ungewöhnliches oder Verdächtiges gehört“ zu haben. Er habe zudem den Eindruck gehabt, dass sich sein Kumpel gut mit der Frau während der Party verstanden habe. Die beiden hätten nicht übermäßig Alkohol getrunken, und „sie standen oft beieinander und haben viel gelacht“, erzählte der 34-jährige Münchner am Montag in der Verhandlung.

Trotz der Tatvorwürfe ist der Zeuge weiterhin mit dem Angeklagten befreundet, der in Braunschweig lebt. Eigentlich hätten sie gar nicht geplant, in der kleinen Wohnung der jungen Frau zu übernachten, was sich damals aber spontan ergeben habe. Weiter teilte der Münchner dem Gericht mit, die Starnbergerin einige Wochen nach den Beschuldigungen mit ihrem Profil „ganz oben“ auf der Liste einer Dating-Plattform entdeckt zu haben. Es habe ihn damals gewundert, dass sie so kurz nach der angezeigten Vergewaltigung schon „wieder Interesse an Männern gezeigt hat“, sagte er. Die Staatsanwältin wies diese Erklärung als „reine Mutmaßung“ zurück und betonte, dass dieser Hinweis in dem Fall keine Rolle spiele.

Sicher bedeutsamer ist hingegen die Aussage eines dritten Besuchers, der seinerzeit ebenfalls in einer Ecke des Zimmers, wo sich das fragliche Geschehen abgespielt haben soll, übernachtet hatte. Er sei sofort eingeschlafen und habe nichts mehr mitbekommen, sagte der 27-jährige Soldat. Und auch beim Frühstück am nächsten Morgen habe er nichts Besonderes bemerkt. Der Prozess dauert an.

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