83-Jährigen aus Hochwasser gerettet:Die Helden von Pöcking

Pöcking: Maisinger Unterführung Retter: Hans-Jörg Haberzettl

Hans-Jörg Haberzettl eilte mit einigen anderen zur Hilfe.

(Foto: Nila Thiel)

Nach den Unwettern wird die Maisinger Unterführung überflutet. Ein 83-Jähriger versinkt mit seinem Auto vollständig und kann die Tür nicht mehr öffnen. Mitarbeiter des Bauhofs und Schulbusfahrer sind zufällig zur Stelle.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Es war eine Szene wie aus einem Actionfilm und buchstäblich Rettung in letzter Sekunde: Obwohl die Maisinger Unterführung nach den Unwettern vergangene Woche wegen Überschwemmung gesperrt war, fuhr am Donnerstag ein Auto hinein und versank bis zum Dach in den trüben Fluten. Der 83-jährige Fahrer konnte die Tür wegen des Wasserdrucks nicht mehr öffnen und hätte ertrinken können. Doch er hatte Glück, dass Schulbusfahrer und Männer vom Pöckinger Bauhof zufällig vorbeifuhren und ihm zu Hilfe eilten. Hans-Jörg Haberzettl zog den um Luft ringenden Fahrer schließlich aus dem Auto.

Eigentlich hatten er und seine Kollegen Christian Suttner und Florian Lallinger die Abpumpanlage in der Unterführung überprüfen wollen. Zufällig beobachteten auch die Schulbusfahrer Stefan Grell und Anton März von der B2 aus, wie das Auto in den etwa 1,60 Meter hohen Fluten versank. "Das Auto war voll unter Wasser", man habe nur noch die Antenne sehen können, erinnert sich März. Als Luftblasen aus dem Auto stiegen, waren sie sicher, dass Menschen in Lebensgefahr waren und regierten sofort. Sie wendeten mit ihrem Kleinbus und fuhren über einen Wirtschaftsweg zur Unterführung. Dort trafen sie auf die Bauhof-Mitarbeiter.

Pöcking: Maisinger Unterführung Retter

Christian Suttner (links), Stefan Grell (2. von links), Hans-Jörg Haberzettl (Mitte), Anton März (3. von rechts) und Florian Lallinger (rechts) retteten den 83-Jährigen aus dem Auto. Bürgermeister Rainer Schnitzler (2. von rechts) dankte ihnen dafür.

(Foto: Nila Thiel)

Die Busfahrer hechteten voll bekleidet von der Maisinger Seite aus in die etwa 15 Grad kalte Brühe in der Unterführung, die Männer vom Bauhof von der Pöckinger Seite aus. "Wir sind alle rein und haben nicht nachgedacht", erklärt März. Da das Wasser im Auto bis zur Decke stand, ließ der Wasserdruck nach und die Türen konnten geöffnet werden. Der Mann habe "nach Luft gejapst", sagt Hans-Jörg Haberzettl, der den Autofahrer aus dem Wagen zog und sofort wieder untertauchte, um nachzusehen, ob sich weitere Insassen darin befanden. "Ich konnte nur tasten, ich habe ja nichts gesehen."

"Der Mann hat ein Riesenglück gehabt", betonte Bürgermeister Rainer Schnitzler, der sich bei den fünf Rettern bedankte und ihnen Essensgutscheine als Anerkennung überreichte. Es sei Glück in vielerlei Hinsicht gewesen. Zum einen waren die Bauhofmitarbeiter zufällig an Ort und Stelle. Zum anderen habe Christian Suttner bis vor kurzem als Schwimmmeister im Pöckinger Hallenbad gearbeitet und verstehe etwas von Wasserrettung. Die fünf Pöckinger konnten dem unterkühlten Autofahrer sofort Erste Hilfe leisten, bis der Rettungswagen eintraf. Ein weiterer Glücksfall: Haberzettl gehört der Freiwilligen Feuerwehr an und verständigte die Kameraden umgehend.

83-Jährigen aus Hochwasser gerettet: Bis zum Dach unter Wasser stand das Auto in der Maisinger Unterführung.

Bis zum Dach unter Wasser stand das Auto in der Maisinger Unterführung.

(Foto: DLRG Pöcking-Starnberg)

Die beiden Schulbusfahrer mussten noch eine Schrecksekunde überstehen. Sie hatten sich im Schulbus ihrer nassen Kleidung entledigt, als hinter ihnen ein Polizeiwagen auftauchte. Sie befürchteten, kontrolliert zu werden, weil sie auf einem Wirtschaftsweg fuhren. Doch es sei nichts passiert. Die Pumpen liefen übrigens bis vergangenen Sonntag, erst danach war die Unterführung wieder passierbar.

Die Situation sei "nicht ganz ungefährlich" gewesen, sagte der Bürgermeister. Schnitzler weiß das aus eigener Erfahrung. Beim Pfingsthochwasser 1999 war er als Feuerwehrmann dabei, als ein Auto aus der Unterführung gezogen wurde. Die Bodenverhältnisse seien schlecht, das Wasser könne nicht versickern, das Problem sei lange bekannt. "Wenn das Wasser kommt, bringt das Pumpen nichts mehr", weiß der Rathauschef. Nach Angaben des zuständigen Rathausmitarbeiters Heiko Döring ist der Bauhof bei Starkregen in ständiger Alarmbereitschaft. Grundsätzlich werde die Unterführung frühzeitig gesperrt.

Normalerweise könne nichts passieren, betonte auch Schnitzler. Doch die Absperrungen würden immer wieder ignoriert. Das sei unverständlich. Immerhin habe sich die Ehefrau des Betroffenen sehr herzlich im Rathaus bedankt, sagte Schnitzler, der nun Kontakt zum Straßenbauamt aufnehmen will, damit sich das Problem doch noch lösen lässt.

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