Kirchen an Weihnachten:Heiligabend am laufenden Band

Starnberg, Ev.Gemeindehaus, PK

Beflügelt: Anne Stempel-de Fallois, Johannes de Fallois und Stefan Koch (von links) zeigen, wie man sich als Engel fotografieren lassen kann.

(Foto: Georgine Treybal)

"Christfest to go", Andacht im Freien und Live-Stream: Die Pfarrer wagen Neues, um die Gläubigen auf Weihnachten einzustimmen.

Von Manuela Warkocz

Krippenspiel, Christmette, Singen in der Kirche - das gehört für viele Menschen zur Weihnachtszeit, auch wenn sie sonst oft das ganze Jahr kein Gotteshaus betreten. Dieses Jahr sind die traditionellen Gemeinschaftserlebnisse wegen Corona schwierig. Die Pfarrgemeinden im Landkreis wollen aber dennoch festliche Zusammenkünfte ganz im Sinn von Weihnachten ermöglichen. Viele evangelische und katholische Gemeinden probieren ganz neue Formen aus. Geplant wird seit Monaten voller Elan, von der Waldweihnacht bis zum Kurz-Sequenz-Gotesdienst. Und immer wieder nachjustiert, je nach Pandemie-Vorschriften.

"Alle Ostergottesdienste waren ja ausgefallen. Das wollten wir nicht noch mal", sagte Pfarrer Stefan Koch von der Evangelischen Friedenskirche in Starnberg, der am Dienstag das Programm seiner Gemeinde für die kommenden Wochen vorstellte. Mit seinen Pfarrerskollegen Johannes de Fallois und Anne Stempel-de Fallois möchte er gerade heuer "Menschen ein Weihnachten ermöglichen, an das sie sich positiv erinnern". Das heißt für ihn: "So normal wie möglich, mit Einhaltung der Regeln und Vorsicht, aber auch etwas Besonderem."

So laden die evangelischen Christen am 4. Advent, 17 Uhr, zu einer Waldweihnacht nach Söcking ein. Heiligabend soll ein Zwergerlgottesdienst die Kleinsten auf Weihnachten einstimmen - mit Einbahnregelung im Gemeindesaal. Bei der Kinderchristvesper steht ein Stall vor der Kirche im Mittelpunkt.

Zwischen 16 und 20 Uhr bietet Pfarrer Koch dann neun Kurz-Gottesdienste mit je 30 Minuten an. 70 Besucher dürfen dazu in die Kirche. Alle Bänke werden dazu herausgeräumt, der Altar mit Krippe steht im Mittelpunkt. Vergangenes Jahr strömten rund 1000 Besucher in die Kirche.

Bei diesem "Christfest to go" können immerhin gut 600 stehend dabei sein - mit Mundschutz. Feuerschalen und ein Holzengel, mit dem man sich fotografieren lassen kann, verkürzen im Kirchhof die Wartezeit und schaffen Begegnung. Am Carolinenhaus in Söcking entzerrt Anne Stempel-de Fallois das Krippenspiel mit fünf Begegnungsorten im Freien unter dem Motto "Weihnachten auf dem Weg".

Die katholische Pfarreiengemeinschaft in Starnberg bietet ihren Besuchern diesmal Plätze mit Kartenbestellungen an. Zwei der zwölf Gottesdienste - die Christmetten in Söcking von 20.30 und Starnberg von 22.30 Uhr an - sind schon voll. Reservierungen nehmen Ehrenamtliche nur unter 08151/90851 25 entgegen.

Zwei Seiten hat Weihnachten diesmal für den Tutzinger Pfarrer Peter Brummer: Das Bedauern, dass vieles nicht möglich ist. Und das Staunen, wie motiviert viele Ehrenamtliche in Pfarrgemeinderat und Liturgiekreis sowie die Hauptamtlichen in seiner Pfarrei St. Joseph sind. Neues wagen, improvisieren - "das ist auch eine Chance", gewinnt Brummer der Situation durchaus Positives ab. Schon jetzt in der Adventszeit gehen die Katholiken in Tutzing neue Wege. Vier Wanderkerzen werden als "Licht der Gemeinschaft und der Erwartung" täglich von Haustür zu Haustür weitergegeben und an Heiligabend schließlich zur Kindermette gebracht. Die wird heuer wie weitere Angebote als Open-Air-Gottesdienst auf der Lindlwiese gestaltet.

Die Vorarbeiten sind aufwendig. Helfer bauen eine Bühne mit professioneller Tontechnik auf. Sie markieren eigens mit Fußballspray in 1,5 Meter Abstand jeden Stehplatz. Ein Ordnungsdienst lässt schließlich maximal 200 Besucher auf das Areal. Um den Andrang zu entzerren, werden am 24. Dezember vier statt drei Gottesdienste gefeiert. Kirchenmusikerin Helene von Rechenberg will bei den Advents- und Weihnachtsgottesdiensten neue, kleine Formen der Musikbegleitung anbieten, etwa mit Stubnmusik, Harfen- und Oboenmusik. Wer trotz Abstand und Frischluft nicht zur Kirche kommen mag, kann sich musikalische und geistliche Angebote nach Hause holen, per Youtube-Kanal über die Homepage www.st-joseph-tutzing.de und im Live-Stream unter anderem die Festgottesdienste am 24. und 25. Dezember.

Die Evangelische Christuskirche Tutzing muss indessen an Heilig Abend diesmal nicht nur wegen Corona, sondern vor alle wegen ihrer Personalsituation - eine Pfarrstelle ist vakant - das Angebot kürzen. Sie macht statt der sonst üblichen fünf Gottesdienste nur drei. Vorsorglich sind alle im Freien: In Bernried lädt Pfarrerin Beate Frankenberger in den Klosterhof sowie in Tutzing auf die Wiese vor der Christuskirche. Dort soll es im Familiengottesdienst von 15 Uhr an ein Weihnachtsspiel geben; zur Vesper von 17 Uhr an spielt in guter ökumenischer Tradition das Bläserensemble der Missions-Benediktinerinnen.

Während in vielen Orten der Lebendige Adventskalender in einen virtuellen verwandelt wird - etwa in Pöcking, wo sich jeden Tag ein Online-Türchen mit einer Überraschung öffnet - hält Gauting an echten Treffen fest. Bis 23. Dezember laden Familien, Firmen und Vereine von 18 Uhr an zum Lebendigen Adventskalender vor einem geschmückten Anwesen ein - in "To-Go-Form": Kein langes Zusammenstehen, keine Verköstigung, Mundschutz, aber vielleicht eine kurze Andacht. "Wir passen uns einfach an", sagen Klaus Firnschild-Steuer und Ulrich Babinsky, die Geistlichen der beiden organisierenden christlichen Gemeinden.

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