Prozess um Raserunfall auf A95:Todesfahrer entschuldigt sich bei der Familie des Opfers

Prozess um Raserunfall auf A95: Das ausgebrannte Wrack neben der Garmischer Autobahn, kurz vor dem Starnberger Dreieck in Richtung Süden.

Das ausgebrannte Wrack neben der Garmischer Autobahn, kurz vor dem Starnberger Dreieck in Richtung Süden.

(Foto: Jürgen Römmler)

Ein 26-jähriger Student muss sich wegen verbotenen Autorennens mit fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht München verantworten.

Von Christian Deussing

Minutenlang schützt der junge Mann mit einem roten Heftordner sein Gesicht vor Fotografen und Kameraleuten. Alexander K. trägt einen schwarzen Pullover mit weißem Hemdkragen, sein Haar ist adrett gescheitelt. Nach fast dreieinhalb Jahren musste sich am Mittwoch der 26-jährige Student vor dem Amtsgericht München wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit fahrlässiger Tötung verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Münchner, in der Nacht zum 1. September 2019 auf der Garmischer Autobahn in Richtung Süden kurz vor dem Starnberger Dreieck mit mehr als 300 Stundenkilometern die Kontrolle über den angemieteten Sportwagen Audi R8 Spyder Cabrio verloren und hinter der rechten Leitplanke gegen einen Baum gekracht zu sein. Bei dem Horror-Unfall war sein 23-jähriger Beifahrer, der Gastwirtssohn Benedikt Apostoli aus Gauting, ums Leben gekommen.

Prozess um Raserunfall auf A95: Prozessauftakt zum tödlichen Unfall auf der Autobahn 95 bei Oberdill. Der Angeklagte Alexander K. mit Verteidiger Florian Schmidtke kurz vor dem Beginn der Verhandlung.

Prozessauftakt zum tödlichen Unfall auf der Autobahn 95 bei Oberdill. Der Angeklagte Alexander K. mit Verteidiger Florian Schmidtke kurz vor dem Beginn der Verhandlung.

(Foto: Robert Haas)

Der Angeklagte räumte den Vorwurf ein - also auch den, beim Crash kurz vor zwei Uhr nachts am Steuer gesessen zu haben. Denn auch gutachterliche Ermittlungen hatten inzwischen die Aussage von Alexander K. kurz nach dem Unfall in einer Klinik gegenüber einem Polizisten widerlegt, dass Benedikt Apostoli der Fahrer gewesen sei. Mit leiser Stimme verlas Alexander K. im Prozess nun eine Erklärung. Demnach hätten sie sich einen Sportwagen am Tag zuvor gemietet, sich auf den Touren als Fahrer abgewechselt und "gegenseitig angespornt".

"Ich entschuldige mich aufrichtig bei den Eltern und seinen Brüdern", erklärt der Angeklagte

"Benedikt war mein bester Freund. Wir hätten nie gedacht, dass etwas passieren könnte", sagte der Student. Er beteuerte, sich aber nicht an den Unfall erinnern und sich auch nicht erklären zu können, wie das passieren konnte. Ihm fehle außerdem bis heute die Erinnerung, wer in dem Moment gefahren sei. Er habe nicht die Schuld von sich weisen wollen und es tue ihm alles sehr leid, was passiert sei, so Alexander K . "Ich entschuldige mich aufrichtig bei den Eltern und seinen Brüdern", heißt es weiter in der Erklärung, die sein Verteidiger zu Ende lesen musste. Denn der Angeklagte war in Tränen ausgebrochen. Und er teilte mit, unter posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen zu leiden.

Alexander K. ließ auch erklären, der betroffenen Familie Apostoli eine Beileidskarte und einen Kranz geschickt zu haben. Davon wisse er nichts, betonte Raphael Apostoli. Der 28-Jährige ist einer der drei älteren Brüder des Todesopfers und tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Der Gautinger ist sehr blass, ihm geht es nicht gut. Wie er zu dem Angeklagten stehe, wollte die Vorsitzende Richterin Betina Dettenhofer von dem älteren Bruder wissen. Das Verhalten des Angeklagten nach der Tat sei "feige, anwidernd und untermenschlich", klagte Raphael Apostoli mit brüchiger Stimme. Zudem habe er über Instagram bemerkt, dass Alexander K. auch noch ein Jahr nach dem Unfall beim Highspeed-Driften zu sehen ist. "Aus der Sache hat er nichts gelernt."

Prozess um Raserunfall auf A95: Mit einem Audi R8 Spyder wie diesem verunglückten die beiden jungen Männer.

Mit einem Audi R8 Spyder wie diesem verunglückten die beiden jungen Männer.

(Foto: imago)

Handyvideos erhärten den Verdacht auf illegale Autorennen, so ein Ermittler

Befragt wurden auch Polizisten, die mit dem schweren Raser-Unfall befasst waren. Zwei Tage später sei Benedikts Handy am Unglücksort gefunden worden. Die Fotos und Videosequenzen hätten den Verdacht auf ein illegales Autorennen erhärtet, berichtete ein Beamter. Daraufhin habe man mit Durchsuchungsbeschlüssen auch das Handy des Angeklagten sicherstellen wollen - auch in der Wohnung seiner Mutter. Diese habe sich aber unkooperativ und aggressiv verhalten. Schließlich habe man bei Alexander K. zwei Handys, ein Laptop und einen auf ihn ausgestellten gefälschten französischen Führerschein entdeckt, erklärte ein zweiter Ermittler.

Prozess um Raserunfall auf A95: Nebenkläger Raphael Apostoli, Bruder des Unfallopfers Benedikt, mit seinem Anwalt Klaus Höchstetter.

Nebenkläger Raphael Apostoli, Bruder des Unfallopfers Benedikt, mit seinem Anwalt Klaus Höchstetter.

(Foto: Robert Haas)

Dieser bestätigte zudem eine Nachfrage von Nebenkläger-Anwalt Klaus Höchstetter. Danach habe Alexander K. zehn Tage nach dem Unfall auf der A95 seiner Krankenversicherung mitgeteilt, dass Benedikt Apostoli der Fahrer gewesen sei. Dass dies allerdings nicht stimmen konnte, hätte nach Ansicht des Gerichts schon viel eher als nach erst acht Monaten klar sein müssen. Denn Gutachter hätten bereits einen Tag nach dem Unfall herausgefunden, dass ein Beifahrer bei diesem Aufprall keine Überlebenschance gehabt hätte.

Vernommen wurden auch drei Ersthelfer, die in der Unfallnacht auf der A95 unterwegs waren. Der Wagen sei wie eine "Rakete" an uns vorbeigeschossen, sagte eine Autofahrerin. "Ich sah dann eine dicke Bremsspur, ein brennendes Auto und Trümmerteile auf der Autobahn." Ein weiterer Zeuge dachte, es sei eine "Bombe eingeschlagen". Das empfand auch ein Notfallmediziner so, der zufällig am Unglücksort vorbeigekommen war. Er habe einen verletzten Mann unter der rechten Leitplanke herausgezogen, er sei dann zu Bewusstsein gekommen und ansprechbar gewesen, sagte der Zeuge. Er wisse aber nicht, was der Mann gesagt habe. Die andere Person habe tot fünf Meter neben dem Baum und dem brennenden Wrack gelegen - es war Benedikt Apostoli.

Das Urteil wird bereits an diesem Freitag erwartet.

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