Starnberg:Tafel-Tourismus

Flüchtlinge bei der Starnberger Tafel; Starnberger Tafel

Viele Flüchtlinge mischen sich neuerdings unter die Wartenden bei der Starnberger Tafel.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Helfer verteilen künftig Lebensmittel nur noch an Bedürftige aus der Kreisstadt und vergeben Ausweise

Von Otto Fritscher, Starnberg

Kistenweise sind Äpfel, Zucchini, Gurken und anderes Gemüse gestapelt, Milchtüten und Joghurtbecher feinsäuberlich aufgereiht, körbeweise liegen Brot, Semmeln und andere Nahrungsmittel zur Verteilung bereit. "Es wird wohl ungefähr eine Tonne an Lebensmitteln sein, die wir heute verteilen", schätzt Detlev Wagner, Chef der Starnberger Tafel. Er lässt an diesem sonnigen Donnerstagnachmittag den Blick über den Hof der evangelischen Kirche schweifen. Einige seiner Helfer, heute sind es zirka 25, werden langsam ungeduldig hinter den Gemüsebergen.

Aber bevor die Verteilung beginnt, müssen alle "Gäste", wie Wagner sagt, registriert werden. Eine lange Schlange hat sich vor dem Schalter gebildet, zwischen 180 und 200 Menschen sind es diesmal, ein neuer Rekord, vor einer Woche waren es 160, vor sechs Wochen gerade mal 80. Drei Viertel der Tafel-Kunden sind dem Augenschein nach Asylbewerber, "Flüchtlinge", wie Wagner sagt. Das hat schon zu bösem Blut geführt, die alten Stammkunden der Tafel hatten vor einer Woche in einem Protestbrief ihr Unverständnis darüber geäußert, und anklingen lassen, dass sie sich benachteiligt fühlen. Und die Helfer hatten sich eigenem Bekunden nach am Rande der Überforderung befunden. Und diesmal also noch mehr Menschen, die geduldig anstehen, an der Kirchenmauer sitzen, auf Bierbänken das Mittagessen verzehren, das seit 17 Jahren wöchentlich die Familie Scholler vom Gasthaus zur Sonne spendet.

"Wir müssen einfach auf die sprunghaft angestiegenen Zahlen reagieren", sagt Tafel-Chef Wagner. Und die angekündigten Maßnahmen, die vom 10. September an gelten, sind durchaus drastisch: "Wir beschränken die Zahl der Gäste auf 120 Berechtigte und geben Lebensmittel nur noch an Personen mit Wohnsitz in Starnberg aus, was sowohl für Einheimische wie für Flüchtlinge gilt", erklärt Wagner. "160 Personen und mehr sind logistisch und organisatorisch nicht zu bewältigen", ergänzt Pressesprecherin Martina Klein. Eine gerechte Verteilung sei dann nicht mehr gewährleistet, zumal die Menge der gespendeten Lebensmittel abnehme. Ein Grund für den Andrang sei aber auch der "Tafel-Tourismus". So kamen vergangene Woche 76 Feldafinger zur Starnberger Tafel, plus etliche Münchner. Damit soll künftig Schluss sein.

Gut zwei Stunden dauert diesmal die Registrierung. Das soll künftig schneller gehen, weil bis dahin 120 Ausweise mit Fotos und Nummern und Namen ausgegeben werden. Nur wer so einen Ausweis hat, bekommt dann auch Lebensmittel. Damit soll dem Tafel-Tourismus Einhalt geboten werden. Wagner und Klein vermuten, dass auch die eine oder andere Tafel in Gauting, Feldafing, Tutzing und anderen Orten bald das Wohnortprinzip einführen wird.

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