Starnberg:Strafe als Dienstleistung

Lesezeit: 2 min

Ulrich Kühn tritt im Starnberger Amtsgericht die Nachfolge von Sibylle Gräfin zu Dohna an. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der neue Amtsgerichtsdirektor Ulrich Kühn geht in seiner Antrittsrede auf die Aufgaben für die Gesellschaft ein

Von Christian Deussing, Starnberg

Der Wechsel an der Spitze des Amtsgerichts in Starnberg ist jetzt auch offiziell vollzogen. Der neue Direktor Ulrich Kühn wurde am Mittwoch bei einer Feier in der Schlossberghalle mit hundert geladenen Gästen in sein Amt eingeführt. Mit dabei waren Vertreter von Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft. Der promovierte Jurist leitet seit zwei Monaten das Gericht mit seinen 75 Mitarbeitern und ist Nachfolger von Sibylle Gräfin zu Dohna, die Chefin des Bau- und Haushaltsreferats am Oberlandesgericht München wurde.

Sie war sieben Jahre Direktorin des Amtsgerichts in Starnberg und wurde vom Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, Peter Küspert, für ihre Kompetenz und den "immer klaren Blick für das Wesentliche" gewürdigt. Er lobte auch ihren Nachfolger, der zuletzt als Leiter des Registergerichts in München tätig war und dort Pionierarbeit geleistet habe. Kühn sei die "beste Wahl" für Starnberg, betonte Küspert, der auch Präsident des Oberlandesgerichts ist. Der neue Direktor wurde als "Teamplayer" mit kooperativen Führungsstil beschrieben. Kühn werde den elektronischen Rechtsverkehr und die Digitalisierung im Amtsgericht voranbringen, sagte Küspert.

Kühn freute sich, in dem Haus "leistungsbereit, offen und interessiert" aufgenommen worden zu sein. Der 50-Jährige verwies in seiner Rede auf den Sozialpsychologen Niklas Luhmann und dessen Abhandlung "Der neue Chef", in der es um wechselseitige Erwartungen und Unsicherheiten gehe, aber auch darum, den "neuen Chef von unten anzuleiten". Manche Gäste und vor allem seine Justizangestellten schmunzelten bei dieser Passage. Kühn hob zudem hervor, dass die Justiz ein "Dienstleister des Zusammenlebens" sei und auch in den Bereichen Grundbuch, Nachlass und Betreuung helfe. Außerdem seien Strafjustiz und Vollstreckungen "Dienstleistungen an der Gesellschaft", doch die Verfahren müssten stets "transparent und fair" verlaufen, erklärte Kühn in der Feierstunde.

Landrat Karl Roth überreichte dem Amtsgerichtsdirektor einen historischen Bildband vom Landkreis Starnberg und wünschte sich eine gute Zusammenarbeit. Auch die Vorgängerin erhielt das Buch, wobei Roth ihr versicherte, sie auf jeden Fall zu vermissen. Starnberg sei halt "immer schon ein Sprungbrett gewesen", sagte der Landrat. Zu Wort kamen auch der Starnberger Rechtsanwalt August Mehr als Vertreter der Anwaltschaft. "Wir sind das Salz in der Suppe", meinte Mehr. Der Advokat erinnerte an die Justiz in Starnberg unter dem Hakenkreuz und einen verfolgten jüdischen Rechtsanwalt in der Kleinstadt. Seinerzeit habe aber ein "tapferer Amtsgerichtsrat" den Anwalt vor einer gewalttätigen Attacke eines SS-Mannes beschützt. Man sei froh, dass man damit nichts mehr zu tun habe, erklärte Mehr. Doch einen zeitnahen praktischen Tipp gab er Direktor Kühn mit auf den Weg, nämlich die Barrieren, die wegen "aggressiven Parkverhaltens" vor dem Eingang errichtet worden sind, schöner zu gestalten.

Auch damit muss sich der neue Chef der Starnberger Justiz also wohl beschäftigen, zu dessen Aufgaben auch das Binnenschifffahrtsrecht gehört. Das hat indes nichts mit der Yacht "Guinea Pig" seiner Vorgängerin zu Dohna zu tun, die weiterhin auf dem Starnberger See ihre Törns unternehmen will.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: