Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Stadtratswahl ist ungültig

Die Ungereimtheiten bei der Auszählung der Stimmzettel sind so gravierend, dass die Starnberger im Frühjahr wohl neu wählen müssen - das hat das Landratsamt bekannt gegeben. Die Folgen dieser Entscheidung sind noch unklar.

Von Peter Haacke, Starnberg

Das Kommunalwahlergebnis der Stadt Starnberg vom März 2014 ist ungültig: Landrat Karl Roth und Vertreter der Kommunalen Rechtsaufsicht erläuterten dazu am Freitagnachmittag die Hintergründe. Nach monatelanger Prüfung war man zum Ergebnis gekommen, dass insgesamt acht Stimmzettel aus fünf verschiedenen Wahlbezirken nicht mehr zuzuordnen sind. Auf jedem Stimmzettel sind 30 Stimmen möglich, was zusammen 240 Stimmen ergibt. Eine Änderung der Mandatsverteilung im Stadtrat aber wäre bereits bei einem Unterschied von 40 Stimmen eingetreten. Damit sei das Wahlergebnis "nicht mehr heilbar", sagte Roth. Voraussichtlich im Frühjahr 2015 werden die Starnberger erneut wählen müssen.

Welche Folgen diese Entscheidung auf die Starnberger Kommunalpolitik haben wird, ist derzeit noch gar nicht absehbar. Das Landratsamt hat am Freitag postalisch ein Anhörungsschreiben an alle gewählten Stadträte, Listennachfolger und Repräsentanten der Parteien und Wählergruppierungen versandt, die bis zum 26. November Gelegenheit zur Stellungnahme haben - insgesamt 228 Personen. Die Kommunalaufsicht beabsichtigt, die endgültige Entscheidung nach Auswertung aller Stellungnahmen wie geplant bis Freitag, 5. Dezember, zu treffen.

Berge von Papier, Berge an Ungereimtheiten

Monatelang hatten sich die Mitarbeiter der Rechtsaufsicht durch Berge von Papier gewühlt, um diverse Ungereimtheiten zu klären. Dabei wurde festgestellt, dass die Stimmergebnisse in neun der insgesamt 31 Stimmbezirke nicht plausibel waren. Aufgrund der Stellungnahmen der Stadt Starnberg und auf Grundlage eigener Recherchen konnte das Landratsamt die Unregelmäßigkeiten in vier Stimmbezirken aufklären.

Für die verbleibenden Stimmbezirke Beamtenfachhochschule (Bezirk 03), Trachtenjugendheim (11), Söcking II (14) sowie den Briefwahlbezirken 34 und 38 aber war eine Berichtigung nicht möglich: Hier stimmten Anzahl von Wählern und Wahlzetteln nicht überein. Insgesamt acht Stimmzettel waren überzählig oder fehlten. Die festgestellten Wahlrechtsverstöße betreffen also sowohl die Stimmabgabe in Urnen-Stimmbezirken als auch die Briefwahl.

Die Summe der insgesamt 240 ungewissen Stimmen hat erhebliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Stadtrats. Zudem betragen die Abstände zwischen einzelnen Listennachfolgern teilweise nur bis zu drei Stimmen, so dass sich auch hier bei Verlust oder Gewinn erhebliche Unterschiede ergeben könnten.

Nachwahl oder Neuwahl?

Das Landratsamt beabsichtigt daher, die Stadtratswahl der Stadt Starnberg insgesamt für ungültig zu erklären. Sobald die Ungültigkeitserklärung rechtskräftig ist, will das Landratsamt einen Wahltermin festsetzen und die Nachwahl des Stadtrats anordnen. Sollte eine Nachwahl bis 15. März jedoch nicht möglich sein, müsste eine Neuwahl angeordnet werden. Der Unterschied zwischen beiden Verfahren: Bei einer Nachwahl wären die gleichen Kandidaten wie im März 2014 zugelassen; bei einer Neuwahl dagegen könnten die jeweiligen Parteien und Gruppierungen neue Kandidaten aufstellen.

Der Posten des Starnberger Bürgermeisters steht dagegen nicht zur Wahl, Eva John wird im Amt bleiben. Allerdings wäre sie zwischenzeitlich wohl eine Königin ohne Gefolge: Ist die Kommunalwahl ungültig, muss der Stadtrat in seiner derzeitigen Besetzung aufgelöst werden. John wird somit mehrere Wochen lang ohne Stadtrats- und Ausschusssitzungen ihre Entscheidungen allein im Rathaus treffen müssen. Erledigt haben dürfte sich mit Nach- oder Neuwahlen aber auch die Auseinandersetzung um die Ausschussbesetzung, die seit drei Monaten das politische Geschehen in Starnberg lähmt. Die nächste Sitzung des Stadtrats ist für den 24. November an gesetzt - vorerst die letzte Sitzung dieser Amtsperiode.

Auf der Suche nach den Ursachen für die Unregelmäßigkeiten gaben sich Roth und seine Mitarbeiter zurückhaltend: Es gebe vielfältige Fehlerquellen, hieß es. Hinweise auf eine gezielte Manipulation hätten sich jedoch nicht ergeben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2221756
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.11.2014/infu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.