Starnberg:Soll die Kaiser-Wilhelm-Straße in Kurt-Eisner-Straße umbenannt werden?

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Das fordern die Grünen. 100 Jahre nach der bayerischen Revolution sei das ein Zeichen für eine wehrhafte Demokratie. Die Meinungen gehen auseinander.

Von David Costanzo und Peter Haacke, Starnberg

Soll die Stadt Starnberg den Begründer des Freistaats ehren? Vor 100 Jahren rief Kurt Eisner in München die Republik aus, die in Starnberg kurz darauf zu einem Bürger- und Arbeiterrat führte. Das Königreich war Geschichte. Dem Protagonisten der Revolution wollen die Grünen in Starnberg gedenken und ihm eine Straße widmen. Sie fordern, die Kaiser-Wilhelm-Straße in Kurt-Eisner-Straße umzubenennen, heißt es im Antrag der Fraktion an den Stadtrat. Das wäre ein Zeichen dafür, dass man aus der Geschichte gelernt habe, ein Zeichen für eine wehrhafte Demokratie. Das löst unter den anderen Stadträten Diskussionen aus.

Die Straße war schon einmal nach Eisner benannt

Der Name Eisner sei bis heute mit wirksamen Reformen verbunden, argumentieren die Grünen - demokratischen Wahlen, Frauenstimmrecht, Acht-Stunden-Arbeitstag, Ende der kirchlichen Schulaufsicht. Der Name der Kaiser - sowohl der erste wie auch der zweite Wilhelm - stehe dagegen für preußischen Militarismus und antidemokratischen Nationalismus. Die Grünen-Stadträte Franz Sengl und Martina Neubauer verweisen darauf, dass die Straße schon einmal kurzzeitig nach Kurt Eisner benannt gewesen sei. Die Revolutionäre hatten die Kaiser-Wilhelm-Straße 1919 nach Eisners Ermordung umbenannt, bis Freikorps die Umwälzungen in Starnberg mit einem Massaker an mindestens 27 sogenannten Rotarmisten niederschlugen - und die Umbenennung zurücknahmen.

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Auch diesen Opfern wollen die Grünen gedenken. Ihr Massengrab am Friedhof in der Hanfelder Straße soll mit einer Gedenktafel würdig gekennzeichnet werden. Stadtspitze und Stadtrat sollen die ermordeten Männer und Frauen in das jährliche Gedenken an die Kriegsopfer miteinbeziehen. Auch am Waldfriedhof soll die Stadt am Ehrenmal für die Gefallenen mit einer Tafel der ermordeten Pazifisten, Kriegsdienstverweigerer, Deserteure und Widerständler gedenken.

Die CSU ist dagegen, die FDP "total offen"

Unter den Stadträten gehen die Meinungen auseinander. Stefan Frey (CSU) will am bisherigen und ursprünglichen Namen festhalten: "Dieser spiegelt letztlich die historische Entwicklung dieses Stadtgebietes um das Jahr 1870 herum wider. Monarchie und Revolution sind untrennbarer Teil von Starnbergs Geschichte, die sich etwa auch in der Namensgebung der Jakob-Tresch-Straße widerspiegelt."

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Die SPD hege große Sympathien für Eisner, sagt Stadtrat Tim Weidner: "Wichtig wäre, dass eine Umbenennung der Straße im Einvernehmen mit den Anwohnern beraten wird, zumal es für die Betroffenen mit erheblichem Aufwand verbunden ist." Seine Fraktionskollegin Christiane Falk plädiert als Alternative für eine Würdigung Eisners etwa im Neubaugebiet "Am Wiesengrund". Das kann sich auch die FDP-Fraktionsvorsitzende und dritte Bürgermeisterin Iris Ziebart vorstellen, die sich aber auch "total offen" für eine Umbenennung der Kaiser-Wilhelm-Straße zeigte. Bedingung sei aber, dass die dort verwurzelten Bewohner zur Umbenennung befragt werden.

"Märtyrer der Demokratie"

Otto Gaßner (UWG) würdigte Eisner als "Märtyrer der Demokratie": "Auf jeden Fall freue ich mich auf die Stadtratsdebatte. Da sollte man unseren Ehrenbürger, den Philosophen Jürgen Habermas, einladen." Gaßner könne sich vorstellen, den Antrag der Grünen zu unterschreiben. Zweiter Bürgermeister Klaus Rieskamp (Parteifreie) sagte: "Ich stehe nicht hinter Kaiser Wilhelm, aber über diese Vorgänge vor hundert Jahren sollte man Gras wachsen lassen. Für die Anwohner wäre es sicherlich ein Ärgernis, wenn man die Straße von heute auf morgen umbenennt." Bürgermeisterin Eva John (BMS) wollte sich nicht äußern: Der Antrag werde geprüft und dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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