Starnberg:Siegeszug durch Indien

Pöcking Dokufilmer Seipp, Hirt

Fasziniert von der Show-Tour: Sebastian Hirt und Wolfram Seipp (re.).

(Foto: Ulfers)

Wolfram Seipp aus Pöcking und Sebastian Hirt aus München haben die "Karuna Grand Show" gedreht

Von Blanche Mamer, Starnberg

In Indien zu drehen, ist der Traum vieler Dokumentarfilmer. Auch für Wolfram Seipp aus Pöcking und Sebastian Hirt aus München war das so. Als sie von einem ehemaligen Kommilitonen von der Münchner Filmhochschule vom Karuna-Home-Projekt in Südindien erfuhren und von der Möglichkeit, zum zehnjährigen Bestehen der Einrichtung einen Charity-Film zu drehen, war das verlockend. Es klang nicht nur danach, den Traum von Indien umzusetzen, sondern auch nach einem guten Thema für eine Doku.

Der ehemalige buddhistische Mönch des tibetischen Sera-Klosters, Khube Rinpoche, hat das Karuna Home gegründet, ein Heim für tibetische Kinder und Jugendliche mit einer geistigen und körperlichen Behinderung, eine vorbildliche Einrichtung mit Wohnhäusern, Schule, ärztlicher und therapeutischer Versorgung, die hauptsächlich durch Spenden finanziert wird. Zum Jubiläum hatte er etwas Besonderes vor: eine Show-Tournee durch die tibetischen Siedlungen in Indien zusammen mit den Jugendlichen. Mitmachen sollten auch neun tibetische Popstars, die in Europa, Amerika und Kanada im Exil leben und für die tibetischen Jugendliche Idole sind. "Für uns war klar, dass es eine gute Geschichte werden könnte. Wir haben in nur zwei Wochen beschlossen, den Film zu machen", sagt Seipp. Es blieb also keine Zeit, die Finanzierung zu organisieren!

Eine Mäzenin aus Singapur finanzierte den Flug, nach nicht mal sechs Wochen Vorbereitung kamen die beiden Dokumentarfilmer in Indien an. "Wir wussten nicht, was uns erwartet", berichtet Hirt. Wenn er jetzt an den fertigen Film "Karuna Grand Show" denkt, der am Montag Weltpremiere beim Fünfseen-Filmfestival in Starnberg hat, dann hat er ein Bild von fröhlichen, tanzenden Jugendlichen in bunten Kleidern vor Augen, auf einer riesigen Show-Bühne vor 5000 Zuschauern.

"Wir waren davon ausgegangen, dass sie in Turnhallen vor einigen Verwandten auftreten. Doch dass das so eine gigantische Show werden würde, auf einem Fußballfeld - das hat uns genau so fasziniert wie das Publikum", sagt Hirt. Die Show sei unvorstellbar, die Truppe von 13 Jugendlichen habe Unglaubliches geleistet. "Sie sind, ohne zu jammern, nicht nur etwa 4000 Kilometer per Flugzeug, Zug und Bus quer durch Indien gereist, sie haben mit ihrer Fröhlichkeit alle angesteckt. Mit den angereisten Stars haben sie den Traum vieler Bewohner der tibetischen Siedlungen auf eine Rückkehr in die Heimat wieder entstehen lassen", sagt Seipp und stellt fest: "Dabei haben die tibetischen Flüchtlinge das große Glück, dass die indische Regierung ihnen erlaubt hat, autonome Siedlungen zu gründen, mit eigener Gesetzgebung, Tempeln und Klöstern, eigenen Schulen und Geschäften, so dass sie ihre Kultur leben können."

Als Fremder darf man diese Anlagen nicht betreten, doch die Filmemacher durften. "Dadurch dass wir mit der Truppe unterwegs waren, sind wir an Orte gekommen, wo sonst keiner hin darf und man Jahre für die Genehmigung bräuchte", so Hirt. So durften sie ein Bildnis filmen, das nur alle 70 Jahre gezeigt wird, und bekamen ungeahnte Einblicke in die tibetische Tradition und das stark durch die Religion geprägte Leben. In jeder Siedlung gibt es mehrere buddhistische Klöster. Auf 10 000 Einwohner kommen 2000 Mönche.

Höhepunkt der Reise war der Besuch in Dharamsala, dem Sitz der tibetischen Exilregierung, und der Empfang durch den Dalai Lama. In seinem Palast schreitet er eine breite Treppe hinunter, über ihm wird ein goldener Schirm gedreht, der die Sonne symbolisiert, es folgen Hunderte von Mönchen in ihren roten Gewändern, die tibetische Gesänge anstimmen. "Der Dalai Lama wirkt sehr menschlich, sein Lachen ist berührend", findet Seipp. Er habe topfit ausgesehen, und obwohl es beim Teaching draußen richtig alt war, habe der Dalei Lama entspannt mit nackter Schulter bei den Jugendlichen gesessen. Das Klima war eine Herausforderung für die deutschen Filmemacher, die Extreme reichten von großer Hitze im Süden bis zu einem Kälteeinbruch mit Schnee und Frost im Himalaya! Die Busfahrten waren chaotisch, schlimmer, als man sich das so vorstellt, sagt Hirt. Vor allem eine Nachtfahrt, um rechtzeitig den Flughafen in Bangalore zu erreichen, beschreibt er als reinen Horror. Selbst der sonst so gelassenen Khube Rinpoche sei genervt gewesen, er befürchtete, den Flieger zu versäumen. Nur die Jugendlichen hätten die Reise wunderbar gefunden und ihre Scheu vor dem Publikum verloren. Fasziniert berichtet Hirt von einem spastisch gelähmten Mädchen, das sehr zurückhaltend war, aber als Moderatorin auf der Bühne völlig cool.

Seipp und Hirt haben aus dem Material zwei Fassungen geschnitten, eine von 50 Minuten fürs Fernsehen und eine 77-minütige, die sie bei der Premiere in der Schlossberghalle diesen Montag, 19.30 Uhr, zeigen. Die "Karuna Grand Show" ist zudem in Herrsching zu sehen, am 4. August, 18 Uhr.

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