StarnbergSchwieriger Weg zur Fahrkarte

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MVV-Tickets gibt`s künftig nur noch am Automaten, was vor allem ältere Menschen vor erhebliche Probleme stellt.

Blanche Mamer

Gauting/Starnberg - Wer in Gauting eine Fahrkarte braucht, eine Streifenkarte für die S-Bahn oder eine MVV-Tageskarte etwa, der muss den Umgang mit den Fahrkartenautomaten lernen und hoffen, dass diese funktionieren. Denn seit dem 1. September gibt es beim Schreibwarengeschäft Hanrieder an der Bahnhofstraße nämlich keine MVV-Fahrkarten mehr. Als Grund nennt Hanrieder die Erhöhung der Bürgschaft um 8000 Euro auf 23 000 Euro, die der MVV von ihm verlangt hat.

"Bitte sehr, hier ist Ihr Ticket": Edith Schmidt verkauft im Tabakladen im Starnberger Bahnhof See auch MVV-Fahrkarten. Viele andere Kioskbetreiber haben den Verkauf von Tickets aufgegeben, weil er sich nach deren Angaben nicht mehr lohnt.Fotos: Fuchs
"Bitte sehr, hier ist Ihr Ticket": Edith Schmidt verkauft im Tabakladen im Starnberger Bahnhof See auch MVV-Fahrkarten. Viele andere Kioskbetreiber haben den Verkauf von Tickets aufgegeben, weil er sich nach deren Angaben nicht mehr lohnt.Fotos: Fuchs (Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

Eine Änderung, die auch Wirtschaftsminister Martin Zeil auf den Plan gerufen hat. Als Abgeordneter des Bayerischen Landtags und Gautinger Bürger kritisiert er das Vorgehen des Münchner Verkehrs-Tarifverbunds und fordert den MVV auf, "die drastische Erhöhung der Bürgschaft umgehend zu überprüfen". Neben der Bürgschaft musste der Gautinger Schreibwarenhändler nach eigenen Angaben zudem 1000 Euro pro Monat für die MVV-Tickets vorschießen, die Abrechnung der verkauften Fahrscheine erfolgte indes erst einen Monat später. "Bei einem durchschnittlichen Umsatz von rund 300 Euro im Monat lohnt sich das alles nicht mehr, denn die Differenz bekomme ich ja erst mit Verzögerung nach der Abrechnung zurück. Es tut mir zwar Leid für meine älteren Kunden, die ihre Fahrkarten bisher bei mir gelöst haben, doch ich stemme die zusätzliche finanzielle Belastung nicht", bedauert der Einzelhändler.

"Für viele junge Menschen mag es kein Problem darstellen, Fahrscheine ausschließlich am Automaten erwerben zu können. Ortsfremde, die sich mit dem System des MVV nicht auskennen und insbesondere ältere Menschen werden dadurch jedoch vor große Probleme gestellt", schreibt Zeil. Der MVV sollte Vorbild sein in Sachen Kundenfreundlichkeit und Serviceorientierung, fordert der Minister.

Das findet auch der Starnberger Zeitschriftenhändler und Kiosk-Betreiber Werner Gschwendtner. Der Ticketverkauf, der eigentlich vom Münchner Verkehrsbetrieb erledigt werden sollte, wird von ihm und seinen Mitarbeitern geleistet. Und immer. wenn die Austomaten auf den Bahnsteigen im hellen Sonnenlicht unlesbar sind, läuft der Fahrkartenverkauf in Gschwendtners kleinem Laden sehr gut. Dabei profitiert das Geschäft in der S-Bahn-Unterführung direkt am Starnberger See auch von den zahlreichen Touristen. Doch Geschwendtner muss ebenfalls erst mal in Vorleistung gehen. Die Bahn habe versucht, die Kaution um eine fünfstellige Summe zu erhöhen, sagt er auf SZ-Anfrage. "Ich habe verhandelt und es blieb bei einer vierstelligen Erhöhung." Die 14-tägigen Abschlagszahlungen liegen ebenfalls im fünfstelliger Bereich. "Ich kann keine Zahlen nennen, aber nehmen wir mal die fiktive Summe von 15 000 Euro an, die von der Bahn zwei mal im Monat abgebucht wird. Ende des Monats wird mein Verdienst dann aufgerechnet und es bleibt ein wenig übrig, weil wir doch eine Menge Fahrkarten verkaufen", sagt der Händler, der seit zwölf Jahren, an 365 Tage im Jahr, von 6 bis 19 Uhr, hinter der Ladentheke steht.

Ein Bahn-Sprecher teilte mit, die Bürgschaften hätten angehoben werden müssen, um das Risiko der Bahn zu vermindern. "Da in letzter Zeit bundesweit vermehrt Kioske insolvent gegangen sind und Kioskbetreiber die Gelder für die Fahrkarten nicht an uns überwiesen haben", sei es zu hohen Ausständen gekommen. Laut SZ-Informationen haben etliche Zeitschriftenhändler dem MVV eine Absage erteilt und den Fahrkarten-Verkauf eingestellt. Das Nachsehen haben die Bahn-Kunden.

© SZ vom 12.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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