Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Schräge Geschichten

Lesezeit: 1 min

Eltern sind eine Plage, aber zum Glück gibt es noch den Krampus. Ein Nikolaus-Team liefert bei ihm Jahr für Jahr das Goldene Buch ab, er liest sich die üblen Anmerkungen von Vätern und Müttern durch und tauscht sie dann aus oder lässt sie verschwinden. Coole Sache. Also für die Kinder. So jedenfalls ist es in Christoph Pilsls Weihnachtsgroteske "Krampus", einem hoch professionellen Kurzfilm, der trotzdem nur 20 000 Euro gekostet hat und mit seiner Besetzung punktet. Hannes Ringlstetter spielt vergnügt einen fiesen Vater, und Stefan Betz, bekannt als Drehbuchautor von "München 7" und "Schweinskopf al dente", ist überragend in der Rolle des erwachsenen Mutterbubis.

Was nicht heißt, dass "Krampus" der beste Beitrag im vierten Kurzfilmprogramm des Fünfseen-Festivals ist. Darüber entscheidet ohnehin das Publikum. Und es gibt noch andere Anwärter auf den Glühwürmchen-Preis: "Close" besticht mit der Raffinesse, mit der Lisa Reich ihre Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt, tollen Tänzern und feiner Kameraführung. "Blind Audition" von Andreas Kessler dreht sich im Grunde um ein Thema, das schon den Regisseur István Szabó inspirierte: Soll ein Geiger der Karriere wegen bei einem Betrug mitmachen - oder bei seiner Überzeugung bleiben? Und die "Spatzengeschichte" von Petra Morsbach, eine Komödie über alte und nicht ganz so alte Leute in einer Wohnanlage in Eckernförde, ist so schrullig und geradeheraus, dass es eine Freude ist. Ohnehin fanden die Moderatorinnen vom Verein Weitwinkel, Barbara Winkler und Monika Blume-Hedemann, dass jeder der Filme sehenswert sei. Wer wollte ihnen widersprechen? Tatsächlich hat auch Alexander Bambachs "Abseits" trotz des schon arg strapazierten Themas Flüchtlinge ein paar wunderbare Dialoge. "Omul" von Brigitte Drodtloff bietet eine konsequent erzählte, starke Geschichte. Und die Satire "Zwischen uns steht ein Salat" von Alice von Gwinner bezieht ihren Reiz aus dem Spiel mit Dimensionen und dem perspektivischen Wechsel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3612315
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.08.2017 / sum
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.