Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Rechtsaufsicht ermahnt John

Rechtsaufsicht des Landratsamts: John hätte "Judas"-Beleidigung nicht tolerieren dürfen

Von Peter Haacke, Starnberg

Die beiden Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Eva John, die drei Stadträte Mitte Oktober auf den Weg gebracht hatten, bleiben ohne gravierende Folgen für Starnbergs Bürgermeisterin. Die Kommunale Rechtsaufsicht am Landratsamt stellt im ersten Fall fest, dass die Stadträte sich sofort und nicht erst nach der Debatte über störende Zwischenrufe hätten beschweren müssen. Im zweiten Fall belässt es die Behörde bei einer Ermahnung der Bürgermeisterin, weil sie eine Beschimpfung von Günther Picker (WPS) ungerügt gelassen hatte. Picker hatte seine einstige Fraktionskollegin Sieglinde Loesti als "Judas" bezeichnet.

Turbulent ging es zeitweise im Stadtrat am 10. Oktober zu: Wiederholt kam es zu Störungen aus dem Auditorium, während sich das Gremium mit der Frage eines erneuten Bürgerbegehrens gegen den B2-Tunnel befasste. Zuhörer applaudierten oder gaben ihr Missfallen kund. Am Ende verlangte Stadträtin Sieglinde Loesti, die sich 2016 den "Parteifreien" angeschlossen hatte, eine öffentliche Entschuldigung von Günther Picker (WPS), der sie in einer vorhergegangenen Sitzung im September als "Judas" bezeichnet hatte. Ein Begriff, den Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde von Oberbayern, als "untrennbar vom antijudaistischen Ressentiment" empfindet. Picker weigerte sich: "Sie sind das, was ich gesagt habe." Bürgermeisterin Eva John als Sitzungsleiterin habe dies alles geschehen lassen und sich nur auf den Hinweis beschränkt, die beiden Beteiligten mögen ihr Problem selbst klären, so der Vorwurf.

Die Stadträte Otto Gaßner (UWG), Martina Neubauer (Grüne) und Angelika Kammerl (Parteifreie) legten daraufhin Dienstaufsichtsbeschwerde gegen John bei der Kommunalen Rechtsaufsicht ein. Die Rechtsaufsicht kam mit Blick auf Paragraf 53 der Gemeindeordnung ("Der Vorsitzende. . .ist berechtigt, Zuhörer, welche die Ordnung stören, entfernen zu lassen") zu dem Ergebnis, dass zwar Zurufe, Unterhaltungen, Meinungs- oder Missfallenskundgebungen in der Regel die Sitzung stören. Doch während der Beratung habe es keine Beschwerden der Stadträte gegeben; für "weitere rechtsaufsichtliche Maßnahmen" sah die Behörde daher keine Grundlage.

Anders verhält es sich mit dem "Judas"-Vorwurf: Die Bezeichnung sei eine Beleidigung - und damit ein Straftatbestand, sagt Holger Albertzarth, Leiter der Rechtsaufsicht. John als Vorsitzende hätte "solche Äußerungen in einer Gemeinderatssitzung nicht tolerieren dürfen". Die Beleidigung gegen Loesti hätte bereits im September gerügt werden müssen. Gleichwohl liege weder ein Dienstvergehen noch ein Rechtsverstoß der Bürgermeisterin vor. Als Konsequenz habe die Behörde deshalb eine Ermahnung, aber keine Rüge ausgesprochen. Im Wiederholungsfall aber, erklärt Albertzarth, "würden wir noch mal auf die Gemeindeordnung hinweisen".

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Quelle:
SZ vom 07.12.2019
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