Süddeutsche Zeitung

Landkreise Starnberg und Landsberg:VR-Bank kündigt Mitarbeitern

Die Genossenschaft trennt sich von insgesamt 16 Angestellten und schüttet heuer keine Dividende an die 30 000 Anteilseigner aus. Dabei kommt das Geldinstitut bislang vergleichsweise gut durch die Corona-Krise.

Von Peter Haacke

Relativ unbeschadet scheinen die Volks- und Raiffeisenbank (VR) Starnberg-Herrsching-Landsberg und ihre Kunden bislang durch die Corona-Krise gekommen zu sein. Im Rahmen der 143 Mitglieder zählenden Vertreterversammlung, die erstmals in ihrer mehr als 130-jährigen Geschichte wegen der Pandemie in digitaler Form stattfand, zogen Vorstandsvorsitzender Thomas Vogl und Vorstandsmitglied Konrad Hallhuber eine überaus positive Bilanz für das Geschäftsjahr 2019. Doch ob das so bleiben wird, ist fraglich. Zwar verzeichnete die VR-Bank zum Zeitpunkt der Versammlung im Oktober keinen coronabedingten Anstieg an Kreditausfällen. Je nach Entwicklung der Pandemie könnten sich aber durchaus Risiken entwickeln, betonte Hallhuber - obwohl die VR-Bank nach eigenen Angaben keine unüberschaubaren oder übermäßigen Risiken eingeht.

Die goldenen Zeiten im Banken- und Kreditwesen scheinen angesichts anhaltender Tiefzinsphase und einer ungewissen Zukunft jedenfalls vorbei zu sein. So müssen die etwa 30 000 Anteilseigner unter den insgesamt 91 000 Kunden der VR-Bank dieses Jahr auf Geld verzichten. Einer Empfehlung der Europäischen Zentralbank folgend wird für 2019 keine Dividende ausgezahlt - eine Vorsichtsmaßnahme. Die geplante Auszahlung wird stattdessen voll dem Eigenkapital der Bank zugeschlagen als Reserve für die nicht absehbaren Risiken im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise. Im Vorjahr waren noch 730 000 Euro ausgeschüttet worden. Gleichwohl erkennt Hallhuber im Anstieg der Kundeneinlagen im Vorjahr um 3,8 Prozent auf insgesamt 2,2 Milliarden Euro einen Vertrauensbeweis in "die Verlässlichkeit und Qualität unserer Bank, in der sie den sicheren Hafen ihrer Einlagen sehen".

Die VR-Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg gilt mit einem Kundenkreditvolumen von 1,7 Milliarden Euro, einer Bilanzsumme von 2,6 Milliarden und einem Bilanzüberschuss von 4,7 Millionen Euro zum Jahresende 2019 (2015: 5,4 Millionen) weiterhin als eine der größten und eigenkapitalstärksten unter insgesamt rund 230 Genossenschaftsbanken Bayerns. Die größten Änderungen in Zeiten des Umbruchs vom analogen ins digitale Zeitalter hat die VR-Bank ohnehin bereits vollzogen: Von einst 41 Niederlassungen im Jahr 2016 sind nur 26 in den Landkreisen Starnberg, Landsberg und Weilheim-Schongau geblieben. In einigen Filialen wurden die Kundenberater durch Videotechnik ersetzt, in Weßling wurde dazu ein Kundenservice-Center eingerichtet, das den Großteil der Bankdienstleistungen abdeckt.

Auch in personeller Hinsicht hat die VR-Bank behutsam abgespeckt. In den vergangenen drei Jahren wurden durch Fluktuation freigewordene Stellen nicht mehr nachbesetzt, bei der jüngsten Betriebsversammlung am 4. November wurde ein weiterer Stellenabbau bekannt gegeben: Von den strukturellen Änderungen und betriebsbedingten Kündigungen unter Beteiligung des Betriebsrates seien "weniger als drei Prozent" der insgesamt 455 Bankangestellten betroffen, teilte VR-Sprecher und Prokurist Johann Oberhofer mit. Konkret gehe es um zwölf Vollzeitstellen, die auf 16 Angestellte verteilt sind. Die Kündigungen beträfen interne Spezialbereiche, deren Tätigkeiten ausgelagert wurden, und in vier Fällen Mitarbeiter in Kundenkontakt. Ein Dutzend Mitarbeiter habe Abfindungsangebote bekommen. "Trotz der deutlich rückläufigen Frequenz in den Filialen vor Ort werden derzeit keine weiteren Mitarbeiter im Kundenkontakt gekündigt", erklärt Oberhofer, weitere "Interessenausgleiche" seien nicht geplant: "Die VR-Bank übernimmt mit ihrer Entscheidung Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit ihrer Arbeitsplätze."

Beim Blick aufs Geschäftsjahr 2019 lobte Vorstandsvorsitzender Vogl das erweiterte Serviceangebot, an Kundenbedürfnisse angepasste, optimierte Produkte und dass die Anzahl der Arbeitsplätze im telefonischen Kundenservice nahezu verdreifacht wurde. Die Qualität der Beratung sei in Starnberg bereits zum fünften Mal durch die Auszeichnung "Beste Bank vor Ort" - eine Anerkennung der Gesellschaft für Qualitätsprüfung - bestätigt worden. Zudem wurde die VR-Bank im Oktober von der Zeitschrift "Capital" als "Bester Ausbilder Deutschlands" ausgezeichnet. Gemeinnützige Organisationen und heimische Vereine unterstützt die Bank wie im Vorjahr mit insgesamt 250 000 Euro.

Wie sich das Bankgeschäft in Coronazeiten weiter entwickelt, bleibt indes abzuwarten. Die VR-Bank hat laut Vogl einen Krisenstab implementiert, der sein Handeln an den Prämissen "Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und Sicherung der Bargeldversorgung vor Ort" sowie "Schutz der Gesundheit unserer Kunden und Mitarbeiter" ausrichtet. Anders als bei der Kreissparkasse sind bei der VR-Bank derzeit keine vorübergehenden Filialschließungen geplant. Von der digitalen Mitgliederversammlung aber waren die Vertreter begeistert: Die VR-Bank will dieses Medium künftig intensiver nutzen.

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SZ vom 17.11.2020
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