Starnberg:Prozess um brennendes Elektroboot: Pfusch mit Tesa und Draht

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Der Akku des Bootes entzündete sich und löste am Starnberger See einen heftigen Brand aus. Offenbar war ein Sicherheitsschalter "manipuliert, abgeklemmt und deaktiviert" worden. Aber wer zahlt nun den Schaden?

Von Christian Deussing, Starnberg/München

Es sah aus wie ein Inferno: Dichter Qualm stieg in der Nähe der Bootswerft Rambeck am Starnberger See in den Himmel, viele Badegäste mussten die Liegewiese beim Schwimmbad verlassen. Ein 6,5 Meter langes Elektroboot war wegen eines überhitzten Akkublocks am 27. August 2012 beim Aufladen in Flammen aufgegangen. 30 Feuerwehrleute bekämpften den Brand, der auch Verpuffungen auslöste. Das Boot konnte schließlich nur mit einer Flutung gelöscht werden. Bei dem Unglück entstand ein Schaden von mehr als 200 000 Euro. Diese Summe fordern nun die Versicherungen in einem Zivilprozess von dem Bootshersteller sowie vom Yacht-Verkäufer aus Berg.

Angeblich soll das erst drei Jahre alte Elektroboot, das einer Familie aus Hessen gehörte, wegen defekten Billig-Akkus abgebrannt sein. Außergerichtliche Gutachter gingen von einem Kurzschluss aus. Doch diese Brandursache schloss am Donnerstag vor dem Landgericht München II ein Sachverständiger für Sportboote kategorisch aus; er legte ein 237 Seiten langes Gutachten vor. Der Fachmann hatte herausgefunden, dass ein Sicherheitsschalter "manipuliert, abgeklemmt und deaktiviert" gewesen sei, weshalb sich der Akkublock zu stark erhitzte und die Zellen verschmorten.

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"Das war der Super-GAU", betonte der Experte in der Verhandlung. Er verwies darauf, dass die Abschaltbox laienhaft mit "Umverdrahtungen und Tesafilm teilweise abgeklemmt" worden seien. "Und es war schlecht gelötet". Die Frage des Richters Benjamin Kertai, ob zu klären sei, wann und wo im elektronischen Sicherheitssystem manipuliert worden sei, konnte der Sachverständige nicht beantworten. Nur eines war für ihn klar: Es könne "kein fähiger Elektriker gewesen sein, und ein Elektromeister würde bei derartigen Fehlern "seine Zulassung verlieren".

Der Physiker ärgerte sich aber auch, dass vor Jahren der Erstgutachter die Bordwand und das Boot im Schadensbereich zersägt habe. Das sei eine "Todsünde" gewesen, weil somit eindeutig identifizierbare Spuren nicht mehr als Beweise zu sichern waren.

Der Richter wollte auch wissen, ob der Brand nicht auch an anderer Stelle im Boot hätte ausbrechen können. Auch hierzu gibt es laut Gutachten keine Erkenntnisse, zudem seien die Glasfaser-Laminate des Ultraleichtbootes "nur schwer entflammbar", wie der Zeuge anführte. In seinem Fazit hielt er fest, dass bei einer sachgemäßen Sicherheitselektronik der Brand vermeidbar gewesen wäre.

Im Prozess wurde erwähnt, dass eine Stunde vor dem Feuer an der Rambeck-Brücke Schweißarbeiten erfolgt seien und dies womöglich die Netzspannung und den Ladevorgang am Elektroboot hätte beeinflussen können. Doch es änderte die Sachlage nicht, denn ein funktionierender Notschalter hätte die weitere Überhitzung des Akkublocks verhindert, hieß es.

Der Zivilrichter ließ durchblicken, dass er das neue Gutachten für fundiert und stimmig hält. Demnach wird es für den Kläger wohl schwierig, der Bootsfirma aus Österreich und dem Berger Schiffsverkäufer die angeführten Mängel als Brandursache anzulasten und nachzuweisen. Ein Urteil darüber, wer den gesamten Schaden zu zahlen hat, soll Ende Juli gefällt werden.

Zur Zeit des Unglücks vor knapp fünf Jahren waren am Starnberger See insgesamt 958 Elektroboote zugelassen, inzwischen sind schon 1200 dieser Bootstypen angemeldet. Dagegen sind laut Kreisbehörde nur 250 private Boote mit Benzinmotoren erlaubt - 2000 Personen stehen auf der Warteliste.

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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