Starnberg:Polizei nimmt Raser ins Visier

Ein generelles Tempolimit wird aber für die A 95 nicht erwogen

Von Christian Deussing, Starnberg

Die Garmischer Autobahn A 95 ist offenbar bei Liebhabern schneller Sportwagen als Rennpiste sehr beliebt. Die Strecke ist zumindest südlich des Starnberger Dreiecks häufig recht frei und nur von wenigen Lastwagen befahren - im Vergleich zu anderen echten Fernfahrer- Autobahnen wie der A 8 nach Salzburg. In Internetforen wird zum Beispiel gejubelt, dass man es auf der A 95 "bis zum Kochelsee krachen lassen" oder den Wagen bei wenig Tempolimits "richtig ausfahren" könne. Diese Kommentare - auch mit Prahlereien auf Youtube verbunden - bereiten mittlerweile der Autobahndirektion Südbayern erhebliche Sorgen. Das Raser-Thema werde sicher im Herbst von der Unfallkommission angesprochen, sagt Franz Custodis, Verkehrsexperte bei der Autobahndirektion.

Auf der Garmischer Autobahn haben sich seit Anfang vorigen Jahres fünf tödliche Unfälle ereignet, meist waren Sportwagenfahrer die Opfer und oder an den Unfällen beteiligt. Ursache ist laut Polizei oft die zu hohe oder auch die "nicht angepasste Geschwindigkeit" auf nasser oder glatter Fahrbahn. Auch den Skistar Felix Neureuther hatte es schon auf dieser Autobahn bei Schäftlarn erwischt: Sein Unfall an der Mittelleitplanke im Februar auf schneeglatter A 95 auf dem Weg zum Flughafen kurz vor dem Olympiastart verlief aber noch glimpflich, der Garmischer kam bei dem Aufprall leicht verletzt davon.

Dennoch gibt es noch keine konkreten Anzeichen, auf dieser Autobahn mehr Tempobegrenzungen einzuführen. Dafür sieht zumindest der Experte der Autobahndirektion nach geltender Rechtsprechung noch "keine Grundlage". Man werde aber die Entwicklung "sorgfältig beobachten", versichert Custodis. Er verweist auch darauf, dass die A 95 vor mehr als 40 Jahre gebaut und seinerzeit für Autos mit bis 150 auf dem Tacho ausgelegt worden sei - und nicht für 300 Kilometer pro Stunde. Bei diesen "Extremgeschwindigkeiten", den möglichen Fliehkräften und sehr langen Bremswegen seien zudem Polizisten und Einsatzhelfer selbst bei abgesicherten Unfällen äußerst gefährdet - besonders bei Dunkelheit und hinter Kurven.

Das weiß natürlich auch Werner Huber, stellvertretender Leiter der Autobahnpolizei in Weilheim. Aber das Szenario, die A 95 sei generell eine reine Raserstrecke will Huber so nicht gelten lassen. Er appelliert vielmehr an die Vernunft der Autofahrer, "immer die notwendige eigene Vorsicht walten zu lassen " und sich selbst und den Wagen nicht zu überschätzen. Denn prinzipiell sei jede Stelle gefährlich, wenn man diese Vorgaben nicht beachte, erläutert Huber. Seine Inspektion wird übrigens an diesem Montag einen Iffeldorfer als Lebensretter auszeichnen, der im Juni einen schwerverletzten 63-jährigen Autofahrer aus seinem brennenden Pkw gezogen hatte. Der Münchner war morgens bei starkem Regen ins Schleudern geraten und südlich von Seeshaupt gegen einen Baum geprallt. Der Mann habe allerdings nicht im Sportwagen gesessen, sei aber bei Aquaplaning zu schnell unterwegs gewesen, so die Polizei.

Dass im Internet die 68 Kilometer lange Autobahn zwischen München und Garmisch als Rennbahn beworben wird, sieht ebenso ein Sprecher des ADAC Südbayern kritisch. Somit würden durch "unvernünftiges Verhalten Einzelner" die Befürworter eines Tempolimits auf dieser Strecke beflügelt. Derzeit werden die Autofahrer jedoch auf der A 95 zwischen dem Starnberger Dreieck und Fürstenried auf andere Weise ausgebremst - durch Dauerbaustellen. Hierbei sprechen manche bereits von einer indirekten Verkehrsberuhigung. Anderseits wird vermutet, dass genervte Autofahrer, die sich jetzt dort oft im Schritttempo durchquälen müssen, danach in Richtung Alpen erst recht auf die Tube drücken.

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