Kuriose Verkehrsregelung in Starnberg:Genervte Polizisten

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Kuriose Verkehrsregelung in Starnberg: Anwohner und Radfahrer können mit der Verkehrsregelung am Riedener Weg in Starnberg gut leben, die Polizei nicht: Nun sollen Polizeipräsidum und Bezirksregierung die Sache regeln.

Anwohner und Radfahrer können mit der Verkehrsregelung am Riedener Weg in Starnberg gut leben, die Polizei nicht: Nun sollen Polizeipräsidum und Bezirksregierung die Sache regeln.

(Foto: Georgine Treybal/SZ Starnberg)

Die Polizei ist nicht gewillt, eine "rechtswidrige verkehrsrechtliche Anordnung" zu überwachen: Sie fordert den Abbau willkürlich gesetzter Schilder entlang einer Anwohnerzone östlich der Hanfelder Straße.

Von Christian Deussing; Von Peter Haacke, Starnberg

Wer sich in Starnberg als Autofahrer nur halbwegs auskennt, meidet in Spitzenzeiten auch schon mal die viel befahrenen Wege - und verkürzt seine Fahrt im Bereich zwischen Hanfelder Straße und Bahnlinie durch ein Wohngebiet. Und das, obwohl Verkehrsschilder einzig und allein Anliegern die Einfahrt erlauben. Diese Anordnung, an die sich freilich kaum jemand hält, geht zurück auf ein vorgezogenes Wahlgeschenk der einstigen Bürgermeisterin Eva John (jetzt: Pfister): Die gab dem Drängen betroffener Bürger 2018 nach und ergänzte den ohnehin schon üppig sprießenden Schilderwald in Starnberg - entgegen der ausdrücklichen Empfehlung der Polizei. Die verzichtet hier nun auf verschärfte Präsenz, denn: Wieso sollten Autofahrer kontrolliert werden, wenn die Anliegerzone gar nicht zulässig ist?

Kuriose Verkehrsregelung in Starnberg: Verbotsschilder sollen auswärtige Autofahrer ohne Anliegen davon abhalten, als "Schleichverkehr" in die Wohngebiete - hier die Einfahrt von der Hanfelder Straße in die Max-Emanuel-Straße -abzubiegen. Das klappt bislang aber nur in beschränktem Maß.

Verbotsschilder sollen auswärtige Autofahrer ohne Anliegen davon abhalten, als "Schleichverkehr" in die Wohngebiete - hier die Einfahrt von der Hanfelder Straße in die Max-Emanuel-Straße -abzubiegen. Das klappt bislang aber nur in beschränktem Maß.

(Foto: Georgine Treybal/SZ Starnberg)

Das fragt sich schon seit Jahren Oliver Jauch, Verkehrssachbearbeiter der Starnberger Polizei. Er ist zunehmend genervt. Vor allem, wenn sich Anwohner aus diesem fast ein Quadratkilometer großen Gebiet östlich der Hanfelder Straße darüber beschweren, dass die Polizei in dieser Sache notorisch untätig sei. Jauch ist verärgert - und wundert sich über einen Zustand, den er so nicht länger hinnehmen will. Er verweist auf eine Stellungnahme der Regierung von Oberbayern ans Polizeipräsidium Oberbayern Nord. Darin heißt es: "Die verkehrsrechtliche Anordnung ist formell rechtswidrig und aufzuheben."

Das war bereits im Januar 2021. Doch geschehen ist seither nichts. Die mehr als 20 Schilder, die das Wohngebiet abriegeln sollen, stehen noch immer. Allerdings befinden sich im Areal zwischen Riedener Weg, Waldschmidt- und Rheinlandstraße auch Amtsgericht, eine Schule, ein Kindergarten sowie ein Altenheim und eine Gaststätte. Wer da nun wohin fährt, ist kaum zu überprüfen. Starnbergs Polizeichef Bernd Matuschek betont, dass man einen "rechtswidrigen Zustand" nicht überwachen und den Leuten hinterher fahren werde - etwa, ob sie tatsächlich zum Amtsgericht oder doch nur den Weg zur Hanfelder Straße als Schleichweg benutzen. Ohnehin fehlen ihm dafür Beamte. Das Gleiche gilt auch für die Beschränkung von Lkw-Fahrten auf der Hanfelder Straße: Die Polizei prüft weder Zwölf-Tonnen-Limit noch Herkunft oder Zielort der Lastwagen.

Kuriose Verkehrsregelung in Starnberg: Lastwagen mit zulässigem Gesamtgewicht von mehr als zwölf Tonnen sollen vom Tutzinger-Hof-Platz aus einen Umweg über den Maxhof-Kreisel nehmen, wenn sie in Richtung Gilching fahren wollen. Nur wenige Fahrer halten sich auch daran.

Lastwagen mit zulässigem Gesamtgewicht von mehr als zwölf Tonnen sollen vom Tutzinger-Hof-Platz aus einen Umweg über den Maxhof-Kreisel nehmen, wenn sie in Richtung Gilching fahren wollen. Nur wenige Fahrer halten sich auch daran.

(Foto: Georgine Treybal/SZ Starnberg)

Verkehrsexperte Jauch unternimmt nun einen erneuten Anlauf in der - aus seiner Sicht - leidigen Angelegenheit: Er will das Polizeipräsidium Oberbayern Nord abermals anschreiben, das wiederum das bayerische Innenministerium einschalten soll, um Druck auf die politischen Gremien der Kreisstadt auszuüben. Jauch verweist darauf, dass die Straßen in der großflächigen Zone zu "Anliegerstraßen" im Kataster umgewidmet werden müssten, nicht zuletzt wegen des Winterdienstes. Doch auch das sei bisher nicht passiert, moniert der Polizeihauptkommissar.

"Wenn es eine Anweisung gibt, die Schilder abzubauen, werden wir es tun", sagt der Bürgermeister

Am Starnberger Landratsamt sieht man die ganze Angelegenheit bislang eher gelassen: Die Kritik der Polizei sei bekannt, erklärt ein Sprecher der Kreisbehörde und betont, dass es sich um eine Anordnung der Stadt handele. Im Übrigen sehe man die Anordnung als "eingespielt und zweckmäßig" an. Sollten Regierung oder Innenministerium eine Änderung anstreben, bitte man um "entsprechende Weisung", heißt es. Auch die Stadt sieht bislang keinen Änderungsbedarf. Entgegen der Meinung von Polizei und Bezirksregierung hält Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik die vor fünf Jahren eingeführte Verkehrsregelung ebenfalls nicht für rechtswidrig. "Wenn es aber eine Anweisung gibt, die Schilder abzubauen", sagt er unaufgeregt, "werden wir es tun".

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