Bundestagswahlkampf:Von Migration, innerer Sicherheit und einem AfD-Verbot

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Sachliche Debatte: Moderator Harald Stocker mit Carmen Wegge und Michael Kießling in der Schlossberghalle. (Foto: Nila Thiel)

Bei einer Podiumsdiskussion in der Schlossberghalle debattieren die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis Starnberg-Landsberg-Germering über die Themen im Wahlkampf. Dabei stellen sie fest: Eines davon hat in der Wählerschaft stark an Relevanz verloren.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Ist die Demokratie in Gefahr? Sind Sie für oder gegen Atomkraft? Nur wenige Fragen konnten die Direktkandidaten von CSU, SPD, Grünen und FDP auf der Podiumsdiskussion, zu welcher der Verein „Gemeinsam, demokratisch, bunt“ am Mittwoch in die Starnberger Schlossberghalle eingeladen hatte, einfach mit Ja oder Nein beantworten. Bei Themen wie Migration, Ökonomie oder Ökologie fielen die Antworten wesentlich differenzierter aus. Unter der Leitung des Vorsitzenden des Bayerischen Journalistenverbands, Harald Stocker, verlief die Diskussion trotz unterschiedlicher Meinungen ohne Polemik. Die Kandidaten argumentierten sachlich und fundiert.

Hauptthema war die Migration und das Vorgehen von CDU-Chef Friedrich Merz in der vergangenen Woche. Sowohl die SPD-Bundestagsabgeordnete und Direktkandidatin Carmen Wegge als auch die Grünen-Direktkandidatin aus dem Wahlkreis Dachau-Fürstenfeldbruck, Britta Jacob, die als Vertretung der erkrankten Verena Machnik erschienen war, konnten sich nach den jüngsten Entwicklungen keine Zusammenarbeit mit Merz vorstellen.

Seitdem der Kanzlerkandidat der Union ohne Not eine Mehrheit mit der AfD gesucht hat, könnten sie ihm nicht mehr vertrauen, meinten sie übereinstimmend. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Kießling hatte einen schweren Stand. Er begründete das Vorgehen damit, dass die Ampel drei Jahre nichts getan habe. „Wir mussten ein Zeichen setzen“, sagte er. Ob Familiennachzug oder mehr Befugnisse für die Bundespolizei – nach Meinung des CSU-Direktkandidaten war keine Gesprächsbereitschaft seitens der SPD und der Grünen vorhanden. Lediglich von der FDP habe die Union Hilfe bekommen. „Unsere Vorschläge für innere Sicherheit wollte die CDU nicht annehmen“, war indes Jacob überzeugt. Sie schoben sich so lange gegenseitig die Verantwortung zu, bis FDP-Direktkandidat Paul Friedrich feststellte: „Alle demokratischen Parteien haben kein gutes Bild abgegeben.“ Die Liberalen indes würden noch immer an einem Kompromiss arbeiten, die FDP verstehe sich als „Brückenbauer“. Das verwunderte indes Grüne und SPD. Wie könne man Brückenbauer sein, wenn man zusammen mit der AfD gestimmt habe, so Jacob.

Für ein Verbot der AfD sprachen sich SPD, Grüne und FDP aus. Die AfD sei eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort, betonte Jacob. Kießling befürwortete zwar ein Verbot grundsätzlich, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Denn es könne erst erfolgreich durchgesetzt werden, sobald es genügend Beweise gebe, erklärte er.

Die Klimakrise spielt nur noch eine untergeordnete Rolle

Zum Thema innere Sicherheit sagte Wegge, die Menschen hätten Angst vor zu vielen Zuwanderern, obwohl dieser Umstand nicht durch Zahlen belegt werden könne. Sie habe seit September an unzähligen Haustüren geklingelt und festgestellt, dass diese Angst von der Desinformation der Union geschürt werde. Denn die Lage sei entspannt, weil die Zahl der Anträge rückläufig sei. „Ich wünsche mir, dass wir zu den Fakten zurückkehren“, sagte sie unter dem Beifall der Besucher in dem zu etwa 50 Prozent besetzten Saal.

Einig waren sich die Diskutanten, dass die Klimakrise im Wahlkampf nicht mehr oberste Priorität hat. Für die Menschen sei der Zustand der Wirtschaft wichtiger, wurde festgestellt. Für Jacob gehören aber Klima und Wirtschaft zusammen und laut Friedrich ist Deutschland das Land der Erfinder. Es habe die besten Voraussetzungen Technologien zum Klimaschutz zu entwickeln, sagte er. Man dürfe sich nicht von China abhängen lassen. Ein weiteres Thema war US-Präsident Donald Trump. „Trump ist gewählt, wir werden mit ihm auskommen müssen“, erklärte Kießling. Auch Wegge zeigte wenig Sorge vor Trump. Er regiere schließlich nur vier Jahre. Die könne man überstehen.

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