Offene Ateliers:Wo die Kunst passiert

Offene Ateliers: Zum Jubiläum schließen bei den "Offene Ateliers" auch heuer wieder viele Künstlerinnen und Künstler ihre Werkstätten auf.

Zum Jubiläum schließen bei den "Offene Ateliers" auch heuer wieder viele Künstlerinnen und Künstler ihre Werkstätten auf.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seit 25 Jahren sperren am Starnberger See Künstler einmal im Frühling ihre Werkräume für die Öffentlichkeit auf. Dabei kommt es immer wieder zu skurrilen Begebenheiten.

Von Katja Sebald, Starnberg

Die beiden Frühjahrswochenenden, an denen in Starnberg, Pöcking und Feldafing die Künstlerateliers für Besucher geöffnet sind, gehören seit 1997 als fester Bestandteil zum Kulturleben im Landkreis Starnberg. Mit einem Jahr pandemiebedingter Verspätung - aber dafür gleich doppelt - begehen die "Offenen Ateliers" jetzt ihr 25. Gründungsjubiläum: Noch vor den eigentlichen Terminen Ende April und Anfang Mai gibt es eine Ausstellung und ein Fest, wenn sich die Künstlergruppe beim "Kulturmontag" im Pöckinger Beccult präsentiert.

Die "Offenen Ateliers" waren eine Erfindung von Ulrike Prusseit, so viel ist sicher. Als Beweis hierfür darf ein Brieflein der Starnberger Malerin aus dem Jahr 1997 an eine SZ-Redakteurin gelten, in dem sie eine Idee ankündigt, die ihr "seit Langem im Kopf rumspukt": Nach dem Vorbild der bereits bewährten Ateliertage am Ostufer des Starnberger Sees wollte sie ein ähnliches Projekt in Starnberg starten. Von Konkurrenz kann aber schon lange keine Rede mehr sein: Beide Veranstaltungen - eine im Frühjahr, die andere im Herbst - haben sich bestens etabliert. Und die Idee, die ursprünglich aus Paris kam, hat längst allerorten weitere Nachahmer gefunden.

In Starnberg ist das Projekt nach dem bescheidenen Anfang im ersten Jahr, bei dem Ulrike Prusseit selbst und die damalige Stadtmalerin Ursula Steglich-Schaupp sowie zwei weitere Künstler ihre Ateliers öffneten, rasch gewachsen. Die Künstler Julius Wurst aus Pöcking und Max Wagner aus Starnberg waren ebenfalls fast von Beginn an mit dabei. Zum "Urgestein" gehörte auch Ela Bauer, die das alljährlich wiederkehrende Event mit dem markanten Logo, einem Auge auf zwei Beinen, unverwechselbar machte. Allerdings ist sie mittlerweile an den Ammersee gezogen und nicht mehr dabei.

Die Keramikerin Ute Beck, die ihre Werkstatt viele Jahre lang im Feldafinger Bahnhof hatte, bot dort auch anderen Künstlern eine Ausstellungsmöglichkeit: Die Idee der Gastaussteller war geboren. Die Gruppe der festen Mitglieder wurde größer - und manchmal auch wieder kleiner: In die Annalen der "Offenen Ateliers" ist etwa der filmreife Wutanfall und anschließende Abgang einer Künstlerin eingegangen. Namen werden natürlich ebensowenig kolportiert wie die Schimpfwörter, die dabei zum Einsatz kamen.

Offene Ateliers: Der Pöckinger Künstler Julius Wurst gehört zu den "Urgesteinen" der "Offenen Ateliers".

Der Pöckinger Künstler Julius Wurst gehört zu den "Urgesteinen" der "Offenen Ateliers".

(Foto: Arlet Ulfers)
Offene Ateliers: Auch Gastkünstler können ausstellen, hier beherbergt Ulrike Prusseit die Künstlerin Susanne Thiemann (rechts).

Auch Gastkünstler können ausstellen, hier beherbergt Ulrike Prusseit die Künstlerin Susanne Thiemann (rechts).

(Foto: Arlet Ulfers)

Viele Besucher schätzen es, Kunst ohne die übliche Hemmschwelle bei einem Galeriebesuch, dafür aber direkt am Ort ihres Entstehens, besichtigen zu können und dort mit dem Künstler selbst ins Gespräch zu kommen. Nicht wenige besuchen über die Jahre immer wieder dieselben Ateliers und begleiten künstlerische Entwicklungen. Nicht zuletzt ist auch die Künstlergruppe selbst über die Jahre zusammengewachsen: "Es ist fast ein bisschen wie eine Familie", sagt Ina Kohlschovsky.

Die heftigen und manchmal ausufernden Diskussionen über die Farbwahl für den jeweils aktuellen Flyer gehören ebenso zu den jährlich wiederkehrenden Ritualen der Gruppe wie die gemeinsame Atelierrunde, die alle Teilnehmer zwischen den beiden Ausstellungswochenenden unternehmen. "Wir interessieren uns sehr dafür, wie es bei den anderen im Lauf eines Jahres weitergegangen ist", sagt Ulrike Prusseit, "in der Kunst und im Leben". Und auf die Frage, was die sehr heterogene Gruppe über eine so lange Zeit zusammenhält, antwortet Julius Wurst kurz und knapp: "Die Kunst natürlich."

Manche Besucher sind sehr neugierig - und erlauben sich auch manche Frechheit

Für die Künstler bedeuten die beiden Wochenenden viel Vorbereitungsarbeit - und am Ende eine gewisse Erschöpfung nach all den Gesprächen. Merkwürdige Begebenheiten rund um die "Offenen Ateliers" gibt es natürlich auch: "Manche Besucher sind sehr neugierig, sie schauen in alle Räume und wollen genau wissen, wie man so lebt", berichtet Katharina Kreye. Annette Girke, die im vergangenen Jahr als amtierende Stadtmalerin mit ausstellte und in diesem Jahr ihr Atelier an der Possenhofener Straße öffnet, erzählt von Besuchern, die irgendwann ihr Handy aus der Tasche ziehen und dann mit den Worten "Ich male ja auch" sehr viele Fotos von ihren eigenen Werken zeigen.

Ina Kohlschovsky hingegen erinnert sich an ein Ehepaar, das nur kurz einen Blick auf die Kunst warf, dann aber lange ums Haus schlich und in den Beeten jede Pflanze inspizierte. Zum Abschied sagten die beiden der Künstlerin: "Ihr Garten ist viel schöner als die Arbeiten, die Sie im Atelier zeigen." Max Wagner wunderte sich über einen Besucher, der fast zwei Stunden die Kunst betrachtete und den Bildhauer abschließend vorsichtig fragte: "Das kann nicht jeder, oder?"

Die Jubiläumsfeier findet am Montag, 24. April, im Beccult in Pöcking statt, Einlass ist um 19 Uhr. Die Ateliers sind am 29. und 30. April sowie am 6. und 7. Mai jeweils von 14 bis 19 Uhr geöffnet.

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