Starnberg/Pasing:Drama um Spazierstock

Starnberg BHF Claus Birkner

Claus Birkner trauert: Seinen Spazierstock - eine Rarität aus der Gründerzeit - konnte der Rentner nicht mehr aus der Tür einer anfahrenden S-Bahn ziehen. Nun benutzt er eine Krücke.

(Foto: Nila Thiel)

Gehhilfe eines Starnberger Rentners in S-Bahn eingeklemmt

Von Christian Deussing, Starnberg/Pasing

Claus Birkner ist untröstlich. Er hat zwar seinen Fuß aus der anfahrenden S-Bahn in Pasing gerade noch herausziehen können - aber nicht mehr den edlen Spazierstock seines Urgroßvaters, der mit einer Schlinge an seinem Handgelenk befestigt war. "Ich hielt den Knauf noch fest, der mich dann einige Meter mitschleifte", erzählt der Starnberger. "Das war der pure Wahnsinn, wenn der Lederriemen nicht gerissen wäre, hätte noch viel Schlimmeres passieren können." Den Jugendstil-Stock von 1900 hat der 83-Jährige verloren, und er verletzte sich leicht.

Denn die Situation sei "lebensgefährlich" gewesen, berichtet der Rentner der SZ. Er wundert sich, dass bei so vielen Fahrgästen au f dem überfüllten Bahnsteig kein Zugpersonal anwesend war. Der Vorfall ereignete sich am Nachmittag des 14. Juni, Birkner hatte in großer Hitze 40 Minuten auf seine S-Bahn in Richtung Starnberg warten müssen. Das Gedränge war groß, er wollte zusteigen, hatte aber keine Chance und musste auf den nächsten Zug warten. Bei der dramatischen Szene zuvor hatte sich der Mann am linken Arm verletzt, er hat Schürfwunden erlitten. "Ich stand unter Schock und musste ohne meinen Stock nach Hause humpeln", sagt der frühere Uhrmacher. Am nächsten Tag informierte der gestrauchelte Fahrgast die Bundespolizei. Eine Streife suchte ihn auf und fotografierte die Blessuren. Doch den heiß geliebten Spazierstock aus hellem Bambus konnten die Beamten dem Senior nicht zurückgeben. Seit dem Unfall ist er auf eine Krücke angewiesen, die er vor sechs Monaten nach einer Knieoperation erhalten hatte. "Jetzt habe ich aber gar keine Lust mehr nach München zu fahren", klagt Birkner.

Sein Spazierstock sei nicht nur ein wichtiges Erinnerungsstück, sondern auch eine "Antiquität" im Wert von etwa 1500 Euro. Er hofft, dass den Stock jemand findet und abgibt. Beim Fundbüro hatte 83-Jährige, der von einer sehr kleinen Rente leben muss, bisher keinen Erfolg. Der Starnberger hofft stündlich auf einen erlösenden Anruf.

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