Süddeutsche Zeitung

Jugendgericht Starnberg:Waghalsige Manöver "wie bei der Formel 1"

Zwei junge Männer aus Gilching und Wörthsee sind viel zu schnell auf der Landstraße unterwegs: Sie werden wegen verbotenen Autorennens mit Tempo 180 auf der B 471 bei Olching verurteilt.

Von Christian Deussing, Starnberg

Als Raser haben sich zwei Burschen aus Gilching und Wörthsee vor dem Jugendgericht in Starnberg verantworten müssen: Den 20 und 19 Jahre alten Autofahrern wurde vorgeworfen, sich am 8. April gegen Mitternacht auf der B 471 bei Olching mit etwa 180 Stundenkilometern ein verbotenes Rennen geliefert zu haben. Die beiden - bis zuletzt schweigenden Angeklagten - sollen sich damals an einer Allguth-Tankstelle im Olchinger Gewerbegebiet getroffen und dort für ein Autorennen auf der Bundesstraße verabredet haben. Der Vorwurf wurde am zweiten Prozesstag, an dem auch zwei Sachverständige teilnahmen, von den Verteidigern jedoch bestritten: Sie forderten jeweils einen Freispruch. Ihre Mandanten seien nur flott hintereinander gefahren und hätten "in keinster Weise einen Wettbewerb durchgeführt".

Das Gericht bewertete den Fall anders. Es verurteilte die beiden Mechatroniker-Lehrlinge wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens zur Zahlung von 700 und 500 Euro an den Sozialverein "Brücke". Zudem müssen sie weiterhin auf ihren Führerschein verzichten, die Sperre für einen Antrag auf die Fahrerlaubnis wurde um drei Monate verlängert. Richter Ralf Jehle sah es als erwiesen an, dass die Männer ihre Kräfte gemessen und Rennmanöver mit älteren, getunten Coupés unternommen hatten. Das belegten auch die Aussagen von zwei Polizisten: Sie waren auf die beiden viel zu schnellen Autos auf der zweispurigen B 471 in Richtung Dachau - erlaubt ist hier Tempo 100 - aufmerksam geworden. Die Beamten konnten die Raser mit Blaulicht und Lichthupe nach etwa 1,2 Kilometern stoppen. Zuvor sei der jüngere Fahrer dem anderen mit mehr als 180 km/h sehr dicht aufgefahren und habe mit "ruckartig versetzenden Bewegungen" wie im Motorsport versucht, aus dem Windschatten heraus zu überholen. Die Polizisten berichteten, dass sie ähnliche Verstöße schon häufiger auf dieser Strecke auf Höhe von Olching-Geiselbullach beobachtet hätten.

Sie hätten rücksichtslos ihr eigenes und andere Leben gefährdet, sagt der Staatsanwalt

Die Verteidiger hielten die Aussagen der Polizisten, die ursprünglich ein anderes, deutlich zu schnelles Fahrzeug auf der B 471 verfolgt hatten, für nicht plausibel. Die Beamten hätten unbedingt einen Fahndungserfolg erzielen wollen, wobei ihnen die beiden Fahrer auf der Einfädelungsspur "gerade recht gekommen" seien, behauptete einer der Anwälte.

Der Staatsanwalt indes hielt den jungen Angeklagten vor, in der Nacht auf einer öffentlichen Straße auf gefährlichste Weise ihr eigenes und andere Leben gefährdet zu haben. Sie seien zuerst langsam hintereinander aus der Tankstelle gefahren, hätten gemeinsam beim Einfädeln in die Bundesstraße beschleunigt und das Rennen im geringen Abstand rücksichtslos gestartet, sagte der Ankläger. Hierbei sei das versetzte Fahren mit Überholversuchen "wie bei der Formel 1" erfolgt. Der Staatsanwalt verwies auch darauf, dass dieser Abschnitt bei Olching und die nicht weit entfernte Tankstelle für Verabredungen bei Rasern bekannt seien.

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