Starnberg:Oberst tot, Experiment gelungen

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Turbulent geht es in der Agatha-Christie-Inszenierung der Starnberger Kolpingbühne zu - hier ein Bild der Generalprobe. (Foto: Nila Thiel)

Zum ersten Mal in ihrer 40-jährigen Geschichte führt die Kolpingbühne einen Krimi auf, Agatha Christies "Mord im Pfarrhaus". Den größten Beifall bekommt der früherer Spielleiter Hiebl

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Oberst Hampton ist ein hartherziger Mann. Er geht jedem vermeintlichen Unrecht nach, ohne Rücksicht auf andere, und duldet keine Widerrede. Kein Wunder, dass er im ganzen Dorf verhasst ist. "Eines Tages knallt ihn noch jemand über den Haufen", prophezeit die Pfarrersfrau und ahnt nicht, wie recht sie damit hat. Denn nur Stunden später liegt der Oberst erschossen im Pfarrhaus.

Bei dem Stück "Mord im Pfarrhaus", das von Moie Charles und Barbara Toy nach dem Roman von Agatha Christie verfasst und von Peter Goldbaum übersetzt wurde, führt die Kolpingbühne Starnberg zum ersten Mal in ihrer mehr als 40-jährigen Vereinsgeschichte einen Krimi auf. Zwar ist das Stück, mit dem die Laienspieler am Donnerstag in die Spielsaison starteten, relativ lang. Da der Zuschauer aber bis zum überraschenden Ende nicht weiß, wer von den sieben Verdächtigen tatsächlich den Mord begangen hat, ist von Langeweile keine Spur.

Diese Spielsaison ist ein Neustart für die traditionsreiche Laienbühne. Erstmals nach Jahrzehnten gab Josef Hiebl die Spielleitung ab. Nach seinem 50. Bühnenjubiläum sei es an der Zeit, einen Nachfolger aufzubauen, sagte er. Hiebl hinterlässt große Fußstapfen; unter seiner professionellen Regie ist das Amateurtheater mehrfach ausgezeichnet worden. Die langjährigen Spieler Florian Ranftl und Hans Otto nahmen mit der Nachfolge eine Herausforderung an. Zwar kam ihr Regie-Debüt nicht ganz an Hiebls temporeiche Inszenierungen heran. Doch mit Blick auf die Widrigkeiten, die das Spielleiter-Duo im Vorfeld zu meistern hatte, ist die Komödie dennoch gekonnt umgesetzt worden. Die Regisseure hatten nicht genug Aktive zur Verfügung, die Auswahl des Stücks richtete sich daher nach der Anzahl der vorhandenen Spieler. Zudem sollte es eine Kriminalkomödie sein, um nicht im Vergleich zu stehen mit den anspruchsvollen Stücken der vergangenen Jahre. Mit einem Agatha-Christie-Roman waren die Regisseure auf der sicheren Seite, der erste Fall mit der Amateur-Detektivin Miss Marple ist außerdem nicht so bekannt wie die Folgeromane. Zudem spielte die unvergessene Margaret Rutherford in keiner der drei Roman-Verfilmungen mit. Gaby Wießler, die bei der Kolpingbühne als Miss Marple erstmals eine Hauptrolle übernahm, konnte daher der Figur der neugierigen alten Jungfer, die jede Spurensuche des Inspektors (Franz Marschner) in Zweifel zieht, eigenen Charakter verleihen. Hans Otto, der zusätzlich zur Regie noch eine Hauptrolle übernommen hatte, agierte als Pfarrer souverän und glaubwürdig. Auch Oliver Schwab spielte den Maler Lawrence Redding, der hinter seiner freundlichen Fassade völlig skrupellos ist, wunderbar realistisch. Die Bühnenneulinge Anja Deutsch als Pfarrersfrau, Norbert Kraxenberger als Arzt und Andre Siems als Detective zeigten Spielfreude und Leidenschaft. Chiara Hanika verlieh dem Stück als ausgekochtes Biest Virginia Hampton Schwung. Und Angelika Wulff verkörperte das Hausmädchen mit Witz. Auch die anderen Nebenrollen waren gut besetzt. Den größten Beifall aber bekam Josef Hiebl, auch wenn er als Oberst Hampton nur eine kurze Rolle hatte. Da der Balkon im Pfarrzentrum aus Brandschutzgründen gesperrt ist und dadurch mehr als 60 Sitzplätze wegfallen, wurden die Aufführungstermine bis zum 22. November verlängert. Es wird jeweils Freitag und Samstag, 20 Uhr, gespielt, an den Sonntagen von 18 Uhr an, am 22. November 15 Uhr. Kartenreservierung unter 08151/744888 oder im Internet.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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