Starnberger Schöffengericht:„Abgebrüht und gezielt gehandelt“

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Der Angeklagte gestand seine Taten. Doch dies bewahrte ihn im Starnberger Amtsgericht nicht vor einer Gefängnisstrafe. (Foto: Arlet Ulfers)

35-jähriger Notfallsanitäter wird wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte medizinische Geräte aus Rettungswachen gestohlen.

Von Christian Deussing, Starnberg

Die Versuchung für den einschlägig vorbestraften Notfallsanitäter war offenbar zu groß: Der Mann stahl aus Rettungswagen und -wachen in seinem Einsatzgebiet in Baden-Württemberg hochwertige medizinische Geräte, um sie laut Anklage für Schulungen im Klinikum Starnberg zu verwenden. Das fiel dort einer Ärztin auf und diese meldete der Polizei vor zwei Jahren, dass diese Geräte gestohlen sein könnten. Die Fahnder ermittelten, dass jene Beatmungsgeräte, EKG-Defibrillator und Notfall-Rucksäcke auf DRK-Rettungswachen in Forbach, Rastatt und in Lörrach in den Jahren 2020 und 2021 entwendet worden waren.

Der 35-jährige Angeklagte wurde jetzt wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Das Starnberger Schöffengericht sah es am Montag als erwiesen an, dass der Gautinger nicht nur die gestohlene medizinische Ausrüstung für seine Ausbildungskurse zum eigenen Vorteil verwendet, sondern auch zumindest eines der Geräte einer Feuerwehr verkaufen wollte. Das hatte ein Chatverlauf auf dem sichergestellten Handy des Angeklagten belegt. Es war ein Schaden von fast 57 000 Euro entstanden, wobei einige der gestohlenen Geräte nicht mehr aufgetaucht sind.

Der Notfallsanitäter, der bereits wegen Diebstählen, Untreue und als falscher Pfleger mit Urkundenfälschung verurteilt worden war, legte im Prozess ein Geständnis ab. Der Familienvater bereute seine Diebstähle beim Roten Kreuz, die er in offener Bewährung begangen hatte. „Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Es hatte sich eine Chance ergeben, meinen finanziellen Engpass zu überwinden.“ Zudem habe er damals „Angst vor der Zukunft“ gehabt, sagte der Mann, der auf der Anklagebank konzentriert und ruhig wirkte.

Auch dem DRK-Kreisgeschäftsführer aus Lörrach hörte er aufmerksam zu. Der schilderte, dass nach der Entdeckung der Diebstähle im Mai 2021 die Aufregung groß gewesen sei und dass jemand mit einem Chip das elektronische Schließsystem der Rettungswache und das Lager nachts geöffnet haben müsse. Denn es seien keine Spuren eines Einbruchs entdeckt worden, berichtete der Zeuge. Es hätten jeweils zwei EKG- und Beatmungsgeräte in zwei Rettungswagen gefehlt, die deshalb bei einer besonders bedrohlichen Situation zeitweise nicht einsatzfähig gewesen seien. Auch ein Notfall-Rucksack war verschwunden, der später im Starnberger Klinikum entdeckt wurde.

Der Mann habe unter Existenzangst gelitten, sagt sein Verteidiger.

Die Staatsanwältin hatte eine dreijährige Haftstrafe gefordert. Sie führte die kriminelle Energie des Angeklagten an, der „abgebrüht und gezielt“ gehandelt habe. Dabei sei es ihm egal gewesen, dass jemand sterben könnte, wenn lebenswichtiges medizinisches Gerät im Rettungswagen fehle. Das sei dem Täter bewusst gewesen, weil er in der Branche arbeite. Auch dessen angeführtes „Motiv der Zukunftsangst“ hielt die Anklägerin für eine unglaubwürdige Rechtfertigung.

Dagegen betonte der Anwalt des Gautingers, dass sein Mandant seinerzeit unter beruflicher Existenzangst gelitten habe und der Versuchung nicht habe widerstehen können, diese Diebstähle zu begehen. Diese seien überdies nicht gewerbsmäßig gewesen, so der Anwalt. Er plädierte für eine zweijährige Bewährungsstrafe, zumal der Angeklagte noch kurz vor dem Prozess 18 725 Euro an den geschädigten DRK-Kreisverband in Lörrach überwiesen habe.

Dennoch befand der Richter, dass angesichts dieser Taten in offener Bewährung nur eine Haftstrafe infrage komme. „Das können wir Ihnen nicht ersparen“, sagte er zum Angeklagten, der das Urteil mit regungsloser Miene vernahm. Aber noch muss er nicht ins Gefängnis, denn sein Verteidiger wird wohl in Berufung gehen.

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