Starnberg:Noch einmal davongekommen

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Autofahrer bringt Radler zu Fall, das Urteil gegen ihn fällt aber milde aus

Von Christian Deussing, Starnberg

Ein 40-jähriger Rennradfahrer soll reflexartig auf einen dicht überholenden Wagen geschlagen haben. Das brachte dessen Fahrer so in Rage, dass er auf der Staatsstraße bei Schlagenhofen den Radler abdrängte, um ihn zur Rede zu stellen. Der Autofahrer stieg aus und griff an den Sattelholm, der Radler stürzte und zog sich Abschürfungen zu. Die Szene spielte sich im vergangenen September ab. Der Autofahrer erhielt für sein rabiates Verhalten einen Strafbefehl wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung.

Doch der Seefelder weigerte sich, die 3400 Euro zu zahlen, den Führerschein für neun Monate abgeben und neu beantragen zu müssen. Deshalb schilderte der 63-Jährige vor dem Amtsgericht Starnberg seine Version. So habe er nach dem Schlag auf seinen Wagen wegen eines möglichen Schadens nur die Personalien des Rennradfahrers ermitteln wollen, der wie ein "Rohrspatz" geschimpft habe und sich dann "nach links vom Sattel fallen ließen". Allerdings hatte der Beifahrer den Vorfall anders in Erinnerung, und auch Richterin Christine Conrad fand seine eher harmlos klingende Schilderung unglaubwürdig. Sie forderte den Angeklagten mehrmals auf, die "Wahrheit zu sagen und nicht das brave Lamm" zu spielen.

Selbst der Verteidiger wurde jetzt nervös und forderte seinen Mandanten auf, konkret den richtigen Ablauf zu schildern. Schließlich gab der Ex-Börsenmakler zu, auf den Rennradler "sauer" gewesen zu sein. Er sei ihm auch einige Meter hinterhergelaufen und habe den Holm erwischt, als der Mann davon radeln wollte. Es sei aber nicht die Absicht gewesen, die Person zu verletzen. Diese späte Einsicht, überreagiert zu haben, wertete die Staatsanwältin als ein "Momentversagen" und schlug dem Angeklagten vor, dem geschädigten Kontrahenten ein Schmerzensgeld von 200 Euro zu zahlen. Dann könne sie in diesem Grenzfall "noch mal die Augen zudrücken" und von einem Entzug des Führerscheins absehen. Der Autofahrer ergriff die Chance und übergab dem Rennradler noch im Gerichtssaal das Geld - und entschuldigte sich in aller Form bei dem ehemaligen Verkehrsgegner, der nach dem Sturz keinen Arzt aufgesucht hatte.

Am Ende kam der bisher unbescholtene Angeklagte mit einem blauen Auge davon. Zwar muss er noch immer fast 3000 Euro Strafe zahlen, erhielt diesmal aber nur ein Fahrverbot von drei Monaten. Den Führerschein darf er danach wiederabholen, auf den er wegen seines Jobs dringend angewiesen ist.

© SZ vom 15.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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