Starnberg:Nagelneue Behandlung

In der Unfallchirurgie am Starnberger Klinikum werden Arm- und Beinbrüche jetzt mit 3D-Technologie operiert.

Otto Fritscher

Jeder Heimwerker kennt das Problem: Da will man ein Loch für einen Dübel bohren, und erwischt ausgerechnet eine elektrische Leitung. Wäre man mit einem in jedem Baumarkt erhältlichen Prüfgerät an der Wand entlang gefahren, hätte es gepiepst - und der Pfusch wäre vermieden worden. Technisch gesehen basiert eine solche Messung auf einem elektromagnetischen Feld. Genau darauf beruht auch die Technologie eines neuen Operationsverfahrens, das im Starnberger Kreisklinikum - als erstem Krankenhaus in Bayern - in der Unfallchirurgie eingesetzt wird.

3D-Abbildungssystem am Klinikum Starnberg

So werden Knochenbrüche im Starnberger Kreisklinikum künftig operiert: Ulrich Tesch, Leiter der Unfallchirurgie, und Oberärztin Kathrin Gärtner demonstrieren das neue 3D-Abbildungssystem. Foto: Fuchs

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Im Klinikum werden jährlich rund 60 Notfälle unfallchirurgisch versorgt, zumeist Knochenbrüche an Armen und Beinen. Eine Häufung gibt es im Winter, wenn viele Menschen auf schneeglatten Wegen ausrutschen - und die Verletzungen schnell operiert werden müssen. Das Prinzip ist bekannt: In die Knochenröhre wird längs ein Nagel eingeführt. Dieser wird mit einer Art Schraube quer fixiert, "verriegelt", wie die Ärzte sagen. Die Löcher für die Schrauben sind im Nagel, der im Inneren des Knochens für Stabilisierung sorgen soll, schon ausgespart. Nun muss der Operateur mit einem Bohrer, der an der Haut des Patienten angesetzt wird, die Löcher genau treffen. Bisher war er dazu meistens, so auch im Kreiskrankenhaus, auf Röntgenbilder angewiesen, die ein sogenannter C-Bogen liefert, ein großes, über den Operationstisch regenbogenförmig gespanntes Gerät. "Der Patient war natürlich einer Strahlendosis ausgesetzt, die wir jetzt mit dem neuen System einsparen können", sagt Ulrich Tesch, leitender Oberarzt der Unfallchirurgie. Dazu komme eine Zeitersparnis von einer Viertelstunde etwa bei einer Unterschenkelfraktur, deren Operation eine knappe Stunde dauert.

"Trigen Shureshot" heißt das neue 3D-Abbildungssystem der Firma Smith & Nephew, mit dessen Hilfe der Operateur beim Bohren hundertprozentig treffsicher sein soll. Es funktioniert, vereinfacht gesagt, so: In den hohlen Nagel, der bereits im Knocheninneren liegt, wird eine Sonde als Empfänger eingeführt. Den Sender dazu hält der Operateur in der Hand, er setzt dessen Spitze haargenau auf dem Punkt auf der Haut, an dem er den Bohrer ansetzen muss. Möglich macht dies ein 3D-Bild auf einem Bildschirm, auf dem ein grüner Punkt das Ziel darstellt: das Loch im Nagel, durch das die Schraube hindurch muss. "Man kann sich das auch so ähnlich wie einen Metalldetektor vorstellen", sagt Klinik-Chef Thomas Weiler. 100000 Euro hat er für das "Distal Targeting System", locker gemacht. "Wir sind ein Regionalkrankenhaus, und wir sind überzeugt, dass wir mit unserer Ausstattung und unserem Knowhow eine Versorgung der Patienten auf sehr hohem Niveau bieten", sagt Weiler. Nicht jeder Knochenbruch müsse in einer Spezialklinik wie Murnau behandelt werden. Schließlich investiere man am Starnberger Krankenhaus jedes Jahr rund eine Million Euro in technische Innovation. Jetzt war die Unfallchirurgie dran. Die anderen Fachrichtungen werden sich auch bald mit ihren Wünschen melden, ist Weiler überzeugt.

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