Starnberg:Nach Gutdünken

Das BMS von Eva John setzt auf exklusive Öffentlichkeitsarbeit

Von Peter Haacke, Starnberg

Als Höhepunkte demokratischen Daseins gelten Mitgliederversammlungen mit Vorstandswahlen: Da legt man öffentlich Rechenschaft ab, zieht Bilanz, berichtet von Aktivitäten, Erfolgen und Misserfolgen - für gewöhnlich ein transparentes Unterfangen, dem sich selbst Kegelclubs oder Kleintierzüchtervereinigungen unterwerfen, indem sie die Presse dazu einladen. Ausgerechnet das Bündnis Mitte Starnberg (BMS) aber, die politische Gruppierung von Starnbergs Bürgermeisterin Eva John, hat eine ganz eigene Interpretation von Öffentlichkeitsarbeit: Am Wochenende kürte das BMS einen neuen Vorstand vor exklusiv geladener Presse. Die Starnberger SZ erhielt - wie schon im Vorjahr - erneut keine Einladung.

Keine Gruppierung hatte in den Wahlkämpfen 2014 und 2015 schönere Slogans als das BMS mit ihrem "100-Prozent-Starnberg"-Programm. Doch wer hätte damals ahnen können, dass die Aussage "Bei uns haben Familien Vorfahrt" die Abschaffung der Schulbusse bedeutete und vielen Kindern aus Perchting, Hadorf oder Landstetten nun unbeschwerte Fahrten im Eltern-Taxi bescheren wird, weil sie sonst nicht rechtzeitig zur Schule kämen? Auch "Wir entwickeln Starnberg als mobile Stadt" erhält angesichts der weiterhin ungelösten Verkehrs-Debatte um Tunnel und Umfahrung völlig neue Bedeutung. Gerd Weger dagegen, der vier Jahrzehnte lang bis zu seinem Rücktritt den Starnberger Fasching organisierte, wird die Aussage "Wir fördern ehrenamtliches Engagement" auf ganz eigene Weise wahrgenommen haben. "Faire Mieten und günstiges Bauland für unsere Familien" sind zwar weiterhin Mangelware, klingt aber gut. Und könnte mit "Wir bauen auf Kultur und bewahren die Starnberger Tradition" der Umbau des unverzichtbaren Wasserparks gemeint sein, der die nächsten zwei Jahre geschlossen ist? Der historische Bahnhof am See jedenfalls ist es nicht; die Fahrgäste lässt man - allen Ansagen zum Trotz - weiterhin im Regen stehen, die Verhandlungen mit der Bahn stocken schon seit Monaten.

Als stärkstes BMS-Argument galt jedoch bislang das vermeintliche Bekenntnis zu demokratischen Grundsätzen: "Wir machen uns stark für transparentes politisches Handeln, das eine Beteiligung aller an den Entscheidungen über die Zukunft unserer Stadt ermöglicht", hieß es. Tatsächlich aber kristallisiert sich heraus, dass es beim BMS ein Kommunikationsproblem gibt: Presseanfragen werden nur nach Gutdünken beantwortet, die Homepage hinkt aktuellen Ereignissen um Monate hinterher und die Jahresversammlung mit Neuwahl vom Wochenende ist online nicht mal erwähnt. Anspruch und Realität jedenfalls klaffen beim "Bündnis Mitte Starnberg" - anders, als noch in Wahlkampfzeiten versprochen - erheblich auseinander.

Aber "stark machen" ist weder "stark" noch "machen", transparent bedeutet nicht unbedingt durchsichtig und "alle" ist eben nicht jeder. Zwar hatten John und Pfister einst Transparenz und Bürgernähe versprochen. Doch dieser hohe Anspruch kann derzeit bestenfalls nur noch als bloßes Lippenbekenntnis gelten. Politische Souveränität jedenfalls sieht anders aus.

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