Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Nach drei Stunden vertagt

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Stadträte beschuldigen sich nach Bahn-Klage gegenseitig

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Die Entscheidung, wie es in mit den Bahnverträgen weitergehen soll, hat der Stadtrat in der Sondersitzung am Donnerstag um eine Woche vertagt. Die dreistündige, streckenweise turbulente Debatte war geprägt von Schuldzuweisungen. Am Ende befürwortete das Gremium mehrheitlich den Antrag von Michael Mignoli (BLS) das Thema in der nächsten Sitzung zu behandeln, wenn der von der Stadt beauftragte Rechtsanwalt Max Josef Böck anwesend sei.

Nachdem die Bahn das Mediationsverfahren für gescheitert erklärt und mit Klage gedroht hatte, sollte in der Sondersitzung ein Beschluss zum weiteren Vorgehen gefasst werden. Obwohl man sich darin einig war, dass die Stadt auf jeden Fall mit der Bahn im Gespräch bleiben will, konnte sich das Gremium nicht zu einer Entscheidung durchringen. Hauptkritikpunkt war, dass Bürgermeisterin Eva John den Rechtsbeistand bei einer für die Stadt so wichtigen Entscheidung nicht eingeladen hatte. Als Professor Günther Picker (WPS) forderte, dem Professor Otto Gaßner (UWG) als den verantwortlichen Juristen der Bahnverträge von 1987 den Streit zu verkünden, ihn also gegebenenfalls vor Gericht zu ziehen, um einem Untreuevorwurf zu entgehen, prallten die Fronten einmal mehr aufeinander.

Während John und ihre Mitstreiter die Bahnverträge als "Millionengrab für die Stadt" bezeichneten, behaupteten die Befürworter, alleine die alten Festlegungen hätten bislang eine Lärmschutzwand durch Starnberg verhindert. Vor der Abstimmung verließen Grüne, SPD, Angelika Wahmke (UWG) und Angelika Kammerl (DPF) demonstrativ den Saal. Später gaben sie zu Protokoll, dass man die Auswirkungen dieses Antrags ohne entsprechende Rechtsberatung nicht habe abschätzen können.

Ein weiterer Kritikpunkt war das nur eineinhalb Seiten umfassende Finanzierungskonzept. "Ein lockeres Runterschreiben an Möglichkeiten im Haushalt ist kein Finanzierungskonzept", urteilte Thomas Beigel (CSU). Wichtige Details fehlten, etwa mögliche Zuschüsse oder über Refinanzierungen. Zuvor hatte John erklärt, dass die Stadt etwa 150 Millionen Euro für die Seeanbindung aufbringen müsse. Die Stadt verfügt kaum über Rücklagen und ihr Kreditrahmen liegt laut John bei 25 Millionen Euro. Das Projekt müsse über Sondererlöse wie Grundstücksverkäufe finanziert werden. Ausgaben in dieser Höhe würden aber von der Rechtsaufsicht nie genehmigt, erklärte sie.

Vor dem Hintergrund, dass die Stadt in 20 Jahren über ein jährliches Haushaltsvolumen von 1,8 Milliarden Euro verfügt, wäre die Ausgabe von 150 Millionen Euro laut Franz Sengl (Grüne) durchaus "zu schaffen". Josef Pfister (BMS) und Franz Heidinger (BLS) relativierten die Rechnung. Mit dem Etat würden auch die laufenden Kosten und die Ausgaben für Pflichtaufgaben ansteigen. Diskutiert wurde ein SPD-Antrag, sich im Rahmen der Seeanbindung für eine Landesgartenschau zwischen 2027 und 2029 zu bewerben. Wie John betonte, kommt eine Verschönerung der Promenade erst nach dem Gleisumbau in Frage, den die Bahn nicht vor 2030 realisieren könne.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2019
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