Die Situation des Museums Starnberger See ist denkbar schwierig: Der städtischen Einrichtung drohen aufgrund der angespannten Haushaltslage der Stadt nicht nur immer neue Einsparungen und Kürzungen, sondern jetzt steht sogar die dauerhafte Schließung des Hauses im Raum. Der Freundeskreis des Museums hat darum eine Onlinepetition gestartet und will so die Bürger über die geplanten Einschnitte im Kulturangebot der Stadt informieren.
Dabei zählt das Museum mit seinen wechselnden Ausstellungen im Neubau und dem historischen Lochmann-Haus als begehbarem Baudenkmal zu den touristischen Attraktionen des Fünfseenlands. Gibt es dem Betrachter doch Auskunft über die vielfältigen Nutzungen des Starnberger Sees im Laufe der Jahrhunderte mit seiner höfischen Schifffahrt und Seegeschichte.
Wer die roten und grünen Flyer des Freundeskreises Museum Starnberger See in der Hand hält, ist alarmiert. In großen Lettern und mit Rufezeichen heißt es darauf: "Museum erhalten!" Und weiter: "In Kürze wird der Stadtrat über weitere Schritte entscheiden. Erneute drastische Kürzungen, Entlassungen aber auch die komplette Aufgabe des Museums als städtische Einrichtung werden als Optionen diskutiert." Die Freundeskreis-Vorsitzende und Ex-Stadträtin der Grünen, Annette von Czettritz, geht davon aus, dass im Gremium all diese Szenarien diskutiert werden. Und sie ist sich sicher: "Sollte die Einrichtung künftig nur noch an Wochenenden öffnen können, um Zutritt zu einer Dauerausstellung zu gewährleisten, käme dies einem langsamen Museumssterben gleich". Der Freundeskreis fordert daher mithilfe seiner Petition, die auf dem Portal "openpetition.de" im Internet zu finden ist, dass das Museum "in seiner aktuellen Form, Entwicklung und Wirksamkeit" erhalten bleibt.
Auch auf dem Tresen der Schusterwerkstatt von Marion und Stefan Stoll an der Zweigstraße in Starnberg liegen die signalfarbenen Flugblätter aus. Marion Stoll ist selbst Mitglied des Freundeskreises für das Museum. Für sie steht fest: "Es ist für eine Kreisstadt wie Starnberg bedeutsam, ein Museum dieser Güte zu haben, in dem nicht nur Touristen Station machen, sondern auch die Starnberger selbst gerne ambitionierte Ausstellungen ansehen." Dieser Ansicht sind auch viele Unterzeichner der Onlinepetition. Beispielsweise schreibt Constanze Strauss aus Starnberg: "Das Museum ist ein wichtiger kultureller Anziehungspunkt."
Dass nicht nur Starnberger um den Fortbestand des Hauses fürchten, zeigt auch ein Beitrag von Dieter Mailänder aus Kirchheim: "Für mich im Landkreis München Lebenden bietet das Museum einen Grund, nach Starnberg zu fahren. Beispiel: Die Ausstellung "Oscar Maria Graf" und die engagiert-kompetente Führung des Leiters des Museums, Benjamin Tillig, brachte mir diesen kantigen Schriftsteller nahe. Solche hintergrundstarke Aktivitäten strahlen weit über die Region hinaus. Ich habe viel Verständnis für die finanziellen Nöte des Stadtrats. Vielleicht können die Beteiligten trotzdem zusammen mit Bürgern, Tourismusunternehmen und Förderern des Museums eine zukunftsfähige Basis für das Museum entwickeln."
Die Museumsgeschichte der Stadt reicht bis ins Jahr 1914 zurück
Unstrittig hat es die Kultur schwer in diesen Zeiten: Ist sie doch nicht selten der Bereich, bei dem Städte und Gemeinden als Erstes den Rotstift ansetzen, wenn es finanziell eng wird. Da ist denn schnell keine Rede mehr vom essenziellen Stellenwert, den die Einrichtung für die Gesellschaft hat. Bei dieser freiwilligen Leistung wird dann gekürzt.
Dabei kann die Museumsgeschichte der Kreisstadt auf eine alte Tradition zurückblicken: Bereits 1914 gab es in der Stadt das Würmseegau-Museum als Vorläufer des späteren Heimatmuseums im Lochmann-Haus. Anfang 2000 beschloss der Stadtrat, sein Museum zu erweitern und einen Neubau auf dem Gelände zu errichten. Der moderne, rund 2,5 Millionen Euro teure Kubus wurde 2006 geplant, 2007 gebaut und im Jahr 2008 eröffnet. Im Zuge dessen hat man das Haus auch umbenannt in Museum Starnberger See. Schon, weil das jetzige Angebot mit seinen mehrmals pro Jahr wechselnden Ausstellungen und dem museumspädagogischen Ansatz weit über das eines sonst üblichen Heimatmuseums hinausgeht.
Im Jahr 2019 hat Benjamin Tillig die Leitung des Museums übernommen. Er hatte zuvor das Wilhelm-Busch-Geburtshaus in Wiedensahl in Niedersachsen geleitet. Als er in Starnberg anfing, hatte das Museum sechs hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen noch einmal sechs Leute auf 450-Euro-Basis, die an den Wochenenden mithalfen. Heute, so der Museumschef auf Anfrage der SZ, stehe seinem Haus nur mehr die Hälfte der Mannschaft zur Verfügung. Zur aktuellen Situation und zur Onlinepetition des Freundeskreises wollte sich Tillig nicht äußern und verweis auf die Pressestelle der Stadt Starnberg.
Bürgermeister Patrick Janik hingegen hält mit seiner persönlichen Meinung nicht hinter dem Berg: "Grundsätzlich halte ich unser Museum für eine wichtige Einrichtung", sagt er. "Und ich bin mit der Petition völlig d'accord, weil es auch mein Ziel wäre, das Museum zu erhalten, aber in einer Art und Weise des Betriebs, die in unserer Haushaltssituation verträglich ist." Die Einrichtung ganz zu schließen, hält Janik persönlich nicht für sinnvoll, da es finanziell nicht so viel bringe, wie manch einer glaube. Nach seinen Worten gibt es einzelne Stadträte, "die eine Schließung als mögliche Lösung präferieren würden". Laut Janik gab es auch bereits eine Stellenkündigung bei den Mitarbeitern des Museums, das habe der Stadtrat im Rahmen des Konsolidierungsprogramms beschlossen. "Wir werden die Aufgabe 'eigene historische Forschung' nicht mehr wahrnehmen", sagte er. Über die Zukunft des Hauses wird laut Janik wohl noch vor der Sommerpause entschieden.
Auch dem Freundeskreis des Museums ist bewusst, dass die Finanzsituation der Stadt prekär ist und alle Einrichtungen gefordert sind, äußerst sparsam zu wirtschaften. Was das Budget des Museums für das laufende Jahr betrifft, sind laut von Czettritz die Haushaltsstellen für die Öffentlichkeitsarbeit und für Sonderausstellungen auf Null gesetzt.
Dabei verzeichnet das Museum laut Tillig aktuell den besucherstärksten Jahresbeginn seiner mehr als hundertjährigen Geschichte. Das liegt vor allem auch der aktuellen Ausstellung "Oskar Maria Graf - Dichter und Antifaschist vom Starnberger See", die seit Mitte Januar viele Interessierte anzieht. "Bereits jetzt hat sich die Ausstellung durch die Besucher komplett refinanziert", sagt Tillig. "Wir haben pro Monat ungefähr tausend Gäste in der Ausstellung. Das bedeutet, dass wir bereits jetzt mehr als 10 000 Euro an Eintrittsgeldern eingenommen haben." Nach seiner Rechnung dürfte die Graf-Ausstellung letztlich rund 7000 Euro gekostet haben.
Überhaupt geht der Museumschef davon aus, dass sein Haus in diesem Jahr die 10 000er-Marke bei den Besucherzahlen knacken wird. "Es könnten mehr als 11 000 Leute werden", sagt er. Das ist neuer Rekord für sein Haus, dessen bester Wert bisher bei 9000 Gästen jährlich lag. Die für den Herbst geplante Ausstellung über König Ludwig II. wird das Budget der Stadt übrigens nicht belasten, denn die Kosten dafür werden komplett vom Freundeskreis des Museums getragen.