Starnberg:Mit vollen Auftragsbüchern in die Pleite

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Der Baukonzern Walthelm hat Konkurs angemeldet. Dadurch könnten sich die Arbeiten an der Söckinger Straße erheblich verzögern.

Peter Haacke

Starnberg Stadtführung Starnberg, Stadtführung, Söckinger Straße. Foto: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Die Baustelle in der seit Monaten gesperrten Söckinger Straße in Starnberg könnte zu sich zu einer unendlichen Geschichte entwickeln. Grund: Der Baukonzern Walthelm mit Hauptsitz in Nürnberg, der mit den Arbeiten dort beschäftigt ist, hat Insolvenz angemeldet. Die Gruppe sei trotz guter Auslastung in Zahlungsschwierigkeiten geraten, weil sich mehrere Großprojekte verzögert hätten, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter, der Nürnberger Rechtsanwalt Volker Böhm, am Donnerstag mit. Böhm kündigte jedoch an, dass er den Geschäftsbetrieb fortführen wolle: "Die Arbeit auf den Baustellen geht weiter." Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter seien über das Insolvenzgeld bis Ende Oktober, am Standort Eisenach in Thüringen bis Ende September gesichert. Jetzt gehe es darum, in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung möglichst schnell den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren. Die Gruppe betreibt bundesweit rund 200 Baustellen.

Im Starnberger Rathaus hat die Nachricht mitten in den Sommerferien unvorhergesehene Betriebsamkeit hervorgerufen. Bereits am Montag gab es eine erste Krisenbesprechung, wie man auf die Situation angemessen reagiert. "Es ist alles noch sehr offen", sagte Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger. Derzeit stehe die Stadt in engem Kontakt mit dem Staatlichen Bauamt in Weilheim, Partner bei dem Projekt in der Söckinger Straße. Auch der im Bauamt zuständigen Bauoberrätin Stephanie Kürmeier ist derzeit unklar, wie es weitergehen wird. "Die Arbeiten laufen momentan", sagte sie, "das ist für uns das Wichtigste. Wie es aber morgen oder übermorgen aussieht, weiß ich nicht". Fest steht bislang nur: Sollte die Walthelm GmbH tatsächlich Ende Oktober abgewickelt werden, wäre der Zeitplan für die Söckinger Straße nicht einzuhalten.

Im Sommer war es wegen verschiedener Schwierigkeiten schon zu Verzögerungen gekommen: Der für Ende Juli angekündigte Abschluss der Bauphase 2 musste vorerst auf 11. September verschoben werden. "Unser Bestreben ist es, den Bauabschnitt 2 unbedingt fertigzustellen", sagte Bürgermeister Pfaffinger. Damit wäre die Zufahrt zum Schlossberg und zur Mühlbergstraße und damit zur Schule und zum Finanzamt zumindest vom oberen Teil der Söckinger Straße wieder möglich. Weitere Klärung wird ein für Freitagnachmittag in Weilheim anberaumtes Gespräch mit Insolvenzverwalter Böhm, einem Walthelm-Geschäftsführer sowie Vertretern der Stadt Starnberg und des Staatlichen Bauamts bringen.

Nach bislang unbestätigten Recherchen der Bremer Tageszeitung Weserkurier soll ein Auftraggeber einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe für einen Großauftrag seit Monaten nicht bezahlt haben. In der Hansestadt kann eine Straßenbahnlinie nun auf absehbare Zeit nicht fertiggestellt werden. Die Badische Zeitung berichtet derweil, dass die Planungsunsicherheit um das umstrittene Großprojekt "Stuttgart 21" eine Rolle spiele, aber auch "ein gewisser Bürokratismus der Bahn". Als Hauptursache für die Zahlungsschwierigkeiten des 1919 gegründeten Traditionsunternehmens gelten laut Böhm "Verzögerungen bei Großprojekten und der damit verbundene Vorfinanzierungsaufwand". Das bundesweit tätige Bauunternehmen beschäftigt nach Böhms Angaben etwa 500 Mitarbeiter an sieben Standorten in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen. Zuletzt lag der Jahresumsatz der Unternehmensgruppe bei rund 90 Millionen Euro. Die Johann Walthelm GmbH ist spezialisiert auf Brücken-, Eisenbahn- und Tankstellenbau. Die Zukunft des Unternehmens hängt insbesondere vom Gutachten des Insolvenzverwalters ab. Danach entscheidet das Gericht, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Für das Unternehmen gibt es zwei Rettungsmöglichkeiten: Entweder kann eine Einigung mit den Gläubigern erzielt werden oder es wird an einen Investor verkauft. Sollte Walthelm Ende Oktober immer noch zahlungsunfähig sein, ist derzeit völlig unklar, wer die Baustelle in der Söckinger Straße weiterhin betreiben wird. Allein die Prüfung, ob eine Neuvergabe der Restarbeiten ohne Ausschreibung möglich wäre, dürfte Wochen in Anspruch nehmen. Allerdings müsste das Vorhaben nicht EU-weit ausgeschrieben werden.

Der Abschluss der Bauarbeiten in Starnberg dürfte sich somit also weiter verzögern. Ursprünglich war geplant, die Söckinger Straße bis Jahresende wieder freigeben zu können. Nachdem sich aber bereits im Sommer die Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts des eine Million Euro teuren Projekts erheblich verzögerte, kann nach derzeitigem Stand wohl nicht vor dem Frühjahr 2014, wahrscheinlicher aber erst im Sommer mit einer Freigabe dieser wichtigen Starnberger Verkehrsverbindung gerechnet werden.

© SZ vom 28.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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