Starnberg/Meran:Hoch hinaus

So wie Südtirol, möchte auch der Landkreis Starnberg eine eigene Marke entwickeln und hofft, sie mit "StarnbergAmmersee" gefunden zu haben. Ein Besuch des Kreistags in der italienischen Bergregion

Von Christine Setzwein, Starnberg/Meran

Eine kürzere Erklärung für den Grund dieser Informationsfahrt des Starnberger Kreistags nach Meran gibt es nicht. "Man kann", sagt Landrat Karl Roth im Bus auf dem Weg nach Süden, "nicht aus Südtirol wegfahren ohne Speck, Käse, Vinschgerl und Wein." Wer an Südtirol denkt, denkt an diese Spezialitäten, an Schüttelbrot und Schlutzkrapfen, an Gewürztraminer und Vernatsch, und vielleicht auch an die Kastelruther Spatzen. Sie alle sind Markenbotschafter Südtirols, aber nicht alle werden aufgenommen unter das Dach der Marke Südtirol.

Kreistagsfahrt 2017

Zwischen den Vorträgen zum Südtiroler Markenprozess bleibt in Meran auch Zeit zum Bummeln.

(Foto: Christine Setzwein)

Thomas Aichner, Kommunikationschef der IDM Südtirol - IDM steht für Innovation, Development und Marketing - ist ein Mann ganz nach dem Geschmack von Christoph Winkelkötter. Der Geschäftsführer der Gwt, der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg, rutscht beim Vortrag Aichners in einem Seminarraum der Therme Meran unruhig auf seinem Stuhl hin und her, nickt zustimmend und schaut immer wieder zu Landrat Karl Roth. Am liebsten würde er das, was Aichner da erzählt, sofort umsetzen. Denn so wie Südtirol, möchte auch der Landkreis Starnberg eine eigene Marke entwickeln. Der Prozess dafür läuft seit drei Jahren, jetzt gibt es einen Namen: "StarnbergAmmersee" heißt künftig die Regionalmarke, nicht Fünfseenland. Denn mit der Marke soll laut Gwt nicht nur die Seenlandschaft als Lebens- und Freizeitregion abgebildet werden, sondern auch der "exzellente Wirtschaftsstandort".

Kreistagsfahrt 2017

Die Starnberger Kreisräte in der italienischen Bergregion.

(Foto: Christine Setzwein)

Aichner trifft den Nerv der 34-köpfigen Delegation aus Kreisräten, Gwt-Vertretern und Landratsamtsmitarbeitern. Denn die Südtiroler wollen nicht weniger als ihre Region "zum begehrtesten Platz in Europa" zu machen. Eine Vision, der die Starnberger durchaus etwas abgewinnen können. Schließlich wollen sie zum "hochwertigsten Lebens- und Wirtschaftsraum in direkter Nachbarschaft einer Weltstadt" werden. Eine hohe Lebensqualität ist den Starnbergern ebenso wichtig wie den Südtirolern, genau wie Sicherheit, Lebensfreude und Authentizität. Etwa zehn Jahre hat der Markenprozess in Südtirol gedauert, die Kernaussage lautet: Südtirol ist die "kontrastreiche Symbiose aus alpin und mediterran, Spontaneität und Verlässlichkeit, Natur und Kultur". Die Region "StarnbergAmmersee" steht unter dem Begriff "Wert-schätzend" mit den Werten "märchenhaft, naturgesund, erfinderisch, geistreich, traditionsreich, erstklassig und privilegierte Lage".

Kreistagsfahrt 2017

Albert Luppart platziert sich gerne zwischen Sisi (links) und Sissy (Fuchsenberger).

(Foto: Christine Setzwein)

Am Beispiel Kastelruther Spatzen zeigt Aichner, dass nicht alles, was aus Südtirol kommt und berühmt ist, das begehrte Markenlogo - eine stilisierte bunte Berglandschaft - bekommt: Weil die Musikergruppe um den Sänger Norbert Rier volkstümliche, aber keine echte Volksmusik macht, entspricht sie nicht den Werten der Dachmarke Südtirol. Aber Rier hat die Auszeichnung trotzdem: als erfolgreicher Züchter von Haflingern.

Strenge Kriterien müssen bei der Vergabe des Markenlogos angelegt werden, gibt Aichner den Starnbergern mit auf den Weg. "Da muss man auch mal nein sagen können." Aber das Allerwichtigste sei, dass die Marke kommuniziert wird, dass sie nicht allein für Touristen ist, sondern auch für die Einheimischen. Die eigenen Bürger müssen mitgenommen, informiert und überzeugt werden, dass so ein Markenprozess kostet und sie aber auch etwas davon haben. Die Therme Meran zum Beispiel ziehe natürlich Touristen an, aber sie sei auch Erholungsort für die Meraner selbst.

Die Vinschger-Bahn ist eines der erfolgreichsten Projekte Südtirols. Sie hat natürlich das Südtirol-Logo bekommen, unschwer zu erkennen an den bunten Farben auf den Bahndächern. 2005 wurde sie wieder in Betrieb genommen, heute zählt sie zwei Millionen Fahrgäste im Jahr. Denn die Vinschger-Bahn, die im Stundentakt zwischen Meran und Mals verkehrt, tranportiert, ganz im Sinne des Markengedankens, nicht nur Touristen, sondern vor allem auch Pendler. "Wir sind zu voll", sagt Michael Prader, bei der STA (Südtiroler Transportstrukturen AG) für die Elektrifizierung zuständig. Die Starnberger Delegation kann sich davon bei der Fahrt bis Naturns überzeugen. Wenn die Elektrifizierung 2020 fertig ist und weitere 70 Millionen Euro investiert sind, wird der 30-Minuten-Takt eingeführt. Davon kann die Verkehrsreferentin des Landkreises Starnberg, Susanne Münster, nur träumen.

Den Kreisräten hat gefallen, was sie gesehen und gehört haben. "Ich nehme viele Impulse mit", sagt Matthias Vilsmayer bei der Heimfahrt. Für Winkelkötter und die Gwt beginnt nun die Arbeit an einem Logo für die Markenregion "StarnbergAmmersee". Bis zum Herbst soll es fertig sein. Es müssen Kriterien entwickelt werden für die Vergabe. Dann müssen Entscheidungen gefällt werden, wer das Markenlogo verdient, "wer die DNA des Landkreises, die regionale Identität hat", sagt Landrat Roth. Leicht wird der Prozess nicht werden, das weiß auch Winkelkötter. "Uns geht's ja gut", sagt er, aber das könne sich schnell ändern. Ziel sei es, die Qualität zu stabilisieren. Der größte Fehler wäre, "dass wir stehen bleiben". Landrat Roth nimmt dieses Mal keinen Speck mit aus Südtirol, aber eine Erkenntnis: "Das muss in die Köpfe der Menschen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: