Starnberg:Melancholisch und gewaltig

Orgelkonzert von Andreas Götz; Orgelkonzert in St. Maria

Auf eine weite musikalische Reise nahm Andreas Götz die Zuhörer des Orgelkonzerts in St. Maria mit.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Orgelvirtuose Andreas Götz begeistert die Starnberger

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Die Zeilhuber-Orgel in der Starnberger Pfarrkirche St. Maria ist renoviert. Aus diesem Anlass hat sich der Orgelvirtuose Andreas Götz jetzt an seine Heimat erinnert und auf dem dreimanualigen Instrument mit 45 Registern, das 1935 eingeweiht wurde, ein Konzert gegeben. Bei der Auswahl seines Gastspielprogramms erinnerte er sich offenbar an seinen Aufenthalt in Paris, wo er nach dem Meisterklassendiplom nicht nur am Conservatoire Supérieur seine Studien fortsetzte, sondern auch beim Messiaen-Nachfolger an der Èglise de la Trinité, Naji Hakim, seine Improvisationskunst perfektionierte.

Götz bescheinigte hier dem Komponisten libanesischer Herkunft mit dessen "Te Deum" eine starke Persönlichkeit. Sein dramatisches Werk exponierte er jedenfalls mit scharftoniger Rhetorik. Ein weit zurückgenommener Teil sorgte indes für eine geradezu mystische Atmosphäre, bevor dann ein motorisch-drängendes Finale mit furiosen Begleitläufen für eine geradezu monumentale Wirkung sorgte. So weit Götz das Ausdrucksspektrum und die Vielfalt in der Charakterisierung fächerte, so reichhaltig lieferte die Zeilhuber-Orgel die nötigen Klangfarben, aber auch mit ihrer pneumatischen Traktur gewisse spieltechnische Möglichkeiten, die in der anschlagstechnischen Differenzierung von Götz ihre Entsprechung fand. Umso deutlicher, da das auf eine Leinwand vor dem Altar übertragene Bild des Spieltisches die in der Phrasierung wirksame Modellierung für die Zuhörer auch sichtbar machte.

Hakims Lehrer, Jean Langlais, fand sich mit "Drei gregorianischen Paraphrasen" Opus 5 im Programm, die nur ein bis zwei Jahre älter sind als die Starnberger Orgel. Dennoch sorgte die Experimentierlust des Franzosen für ein geradezu avantgardistisches Hörvergnügen, zumal Götz eine klanglich feinsinnig abgestufte Registrierung ausgetüftelt hatte. Seine Helfer an den Registerschaltern hatten jedenfalls volle Hände zu tun, das plastische Auf und Ab bruchlos hinzukriegen. Eine starke Ausrichtung auf die klangliche Formung legte Götz auch in die Interpretation von zwei harmonisch üppig ausgestatteten Fantasiestücken von Louis Vierne: Sicilienne op. 53/2 und Intermezzo op. 51, beide von spritziger Leichtigkeit beherrscht. Dass dieses Konzert mit der Toccata und Fuge F-Dur BWV 540 von Bach begonnen hatte, war nicht nur eine Huldigung an den Übervater des Instruments. Sein intensives Werk, das Götz mit einer weiten dramaturgischen Entwicklung versah und auf einen substanzgewaltigen Schluss hin aussteuerte, hatte auch eine inhaltliche Verbindung. Marcel Dupré, der Lehrer von Langlais, war hier das stärkste Bindeglied, hatte er sich doch intensiv mit dem Werk Bachs beschäftigt und viele seiner Werke herausgegeben. Götz präsentierte Dupré als einen Neuerer aus der Tradition heraus.

In vier Variationen über "Ave Maris Stella" suchte er vor allem den mystisch entrückten, ja schwebenden Klang, in dem die Melodie wie eine Vision ins Bild trat. In Duprés "Variations sur un Noël" setzte Götz die Vorliebe des Komponisten für Chromatik deutlicher in den Vordergrund. Ausgehend vom melancholischen Thema ging es experimentierlustig auf eine weite Reise durch chromatische und dissonante - expressionistisch abstrahierte - Harmoniefärbungen, die in einem gigantischen Akkord-Tremolo den Schlusspunkt setzten. Das Publikum war begeistert und bekam eine Zugabe.

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