Asylbewerber:Mehr Geld und viel Improvisation

Das Amt für Jugend und Sport erwartet 2016 zahlreiche unbegleitete Flüchtlingskinder

Von Christiane Bracht, Starnberg

Nach dem Sozialamt fordert nun auch das Amt für Jugend und Sport fast doppelt so viel Geld für das kommende Jahr. Nach einem ersten Entwurf des Haushaltsplans rechnet Jugendamtsleiterin Rosemarie Merkl-Griesbach damit, knapp 21,5 Millionen Euro zu brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Grund für die gewaltige Kostenexplosion sind vor allem die vielen Flüchtlingskinder, um die sich die Behörde nun kümmern muss. Ende des Jahres sollen 159 Minderjährige im Landkreis sein, die allein nach Deutschland geflohen sind. Momentan sind lediglich 105 da, erklärte Merkl-Griesbach im Jugendhilfeausschuss am Dienstag. Die Münchner hätten zwar noch mehr nach Starnberg geschickt, doch einige seien nie hier angekommen. Wie sich die Zahlen tatsächlich weiterentwickeln, weiß man nicht. Momentan seien aber noch 850 Minderjährige Flüchtlinge in der Erstaufnahme, die verteilt werden müssten. Die meisten werden vermutlich in der Region bleiben. Zwar gebe es seit dem 1. November eine Vereinbarung, dass die Flüchtlingskinder innerhalb von vier Wochen auch in andere Bundesländer verlegt würden, aber ob das so funktioniert, wie gedacht, sei die Frage, zweifelte Merkl-Griesbach. Denn viele von ihnen seien krank, hätten eine körperliche Behinderung oder sind traumatisiert und müssten hier erst einmal in ärztliche Behandlung. Vier Wochen sind da schnell vorbei. Danach haben die Jugendlichen schon feine Wurzeln geschlagen, da sei es nicht mehr zumutbar, sie noch woanders hin zu schicken, erklärte die Jugendamtsleiterin. Andere kommen und verlangen Familienzusammenführung. "Das ist menschlich nachvollziehbar. Aber dadurch muss alle paar Tage improvisiert werden", sagte Merkl-Griesbach. "Wir bleiben flexibel."

Heuer waren 1,5 Millionen Euro zusätzlich für die minderjährigen Flüchtlinge in den Haushalt einkalkuliert. "Wir kommen damit aus", signalisierte die Jugendamtsleiterin. Im nächsten Jahr rechnet sie allerdings allein für die Kinder, die allein nach Deutschland gekommen sind, mit Ausgaben von mehr als zehn Millionen Euro, wenn keine weiteren Zuweisungen kommen, sonst wird sich die Summe noch erhöhen. Ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling kostet durchschnittlich pro Monat 175 Euro, so die Kalkulation der Verwaltung. Der Landkreis kann aber darauf hoffen, dass ein Großteil der Kosten erstattet wird.

Mehr Geld braucht das Jugendamt aber auch für Flüchtlingsfamilien oder alleinerziehende Frauen, die auf ihrer Flucht schwanger geworden sind. Denn diese brauchen mehr Betreuung durch Familienhebammen oder Krankenschwestern. Viele Frauen sind traumatisiert, andere haben Schwierigkeiten, sich zurecht zu finden oder es gibt niemand, der sich um die übrigen Kinder kümmern kann.

Außerdem haben auch die Flüchtlingsfamilien, wenn sie mindestens sechs Monate in Deutschland leben und der Nachwuchs ein Jahr alt ist, Anspruch auf einen Krippen- oder Kindergartenplatz. "Im Sinne der Integration ist es auch wünschenswert, dass die Kinder dorthin gehen, weil sie dort schnell Deutsch lernen", sagte Merkl-Griesbach. Die Kosten für diese Art der Integration muss allerdings der Landkreis übernehmen, denn die Asylbewerber haben kein Geld. Auch die Betreuungseinrichtungen brauchen mehr finanzielle Unterstützung von der Kreisbehörde.

Zu Buche schlagen auch die Vormundschaften: Minderjährigen Flüchtlinge brauchen einen, der ihre Interessen wahrnimmt. Das Jugendamt sieht sich allerdings nicht in der Lage, diese Vormundschaften zu übernehmen, selbst wenn die Behörde demnächst zwei weitere Mitarbeiter hat. (Die Stellen sind derzeit ausgeschrieben. Laut Merkl-Griesbach ist es jedoch nicht leicht sie zu besetzten, da es an Verwaltungskräften mangelt.) Der Betreuungsverein Starnberg soll sie künftig übernehmen. Von 2016 an werden es mindestens 30 sein, rechnet das Jugendamt. Darauf muss sich auch der Verein einrichten, deshalb bekommt er eine einmalige Anschubfinanzierung in Höhe von 10 000 Euro, sowie einen jährlichen Zuschuss von 50 000 Euro. Seit August plant und kalkuliert das Jugendamt nun schon am Haushalt für das kommende Jahr. Doch ständig gibt es Änderungen, auch das jetzt vom Jugendhilfeausschuss beschlossene Zahlenwerk ist nicht in Stein gemeißelt.

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